Seit 25 Jahren kämpft Alberto Lescano Rivero für den Erhalt seines Sees, des Titicaca. Der größte Süßwassersee Lateinamerikas steht seit einem Jahr auf der Liste der bedrohten Seen. Ein Erfolg für Rivero, denn so hofft er Schlimmeres zu verhindern.
Auf dem Steg von Puno kennen die meisten den graumelierten Mann mit den optimistisch funkelnden Augen. Alberto Lescano Rivero spaziert gern über die hölzerne Konstruktion, die einige hundert Meter weit auf den See hinausführt. Schon als Kind war das so. „Der See kann so verschieden aussehen, liegt so majestätisch zwischen den Bergen, er fasziniert mich einfach und immer wieder komme ich hierher und fahre raus“. Auf 3810 Meter liegt der See und heute – einem Tag am Ende der Regenzeit im April – hat er immer noch nicht seinen Pegel erreicht. „Ein paar Meter fehlen noch, das ist in den letzten Jahren quasi normal. Der See verliert Wasser oder andersherum, es fließt weniger nach“, erklärt Rivero und legt die Stirn sorgenvoll in Falten. Rivero, ein schlanker, großgewachsener Mann mit lockigen, nach hinten gekämmten grauen Haaren, kämpft seit 1987 für den Schutz des größten Sees der Region.
Der ist nicht nur Trinkwasserreservoir und Tourismusattraktio, sondern auch Müllkippe und Abwasserempfänger. Genau das kritisiert Alberto Lescano Rivero seit Jahren. Für den großgewachsenen schlanken Mann ist es schlicht alarmierend, dass heute vor der Strandpromenade Schafe und ein paar Ziegen grasen und sich hin und wieder auch an getrockneten Wasserpflanzen wie dem Totora-Schilf oder den Wasserlinsen, die ganze Flächen des Sees mit einem grünen Teppich bedecken, gütlich tun.
In Puno interessiert der sinkende Pegelstand jedoch nur wenige Menschen. Ein knappes Dutzend sind es, die gemeinsam mit Rivero im Centro de Desarrollo Ambiental y Social (Zentrum für Umwelt- und Sozialentwicklung- Cedas) arbeiten. Hinter dem Zentrum mit dem klangvollen Namen verbirgt sich eine kleine Nichtregierungsorganisation, deren Mitstreiter hun und wieder Proben nehmen, um den Sauerstoffgehalt zu kontrollieren. „Um den steht es nicht gut“, so mahnt Rivero, verweist auf den Rückgang der Erträge der Fischer, auf die Einleitungen von schwermetallverseuchten Wasser durch den Goldbergbau am Rio Ramis, aber auch auf die Problematik von ausgeschwemmten Düngemitteln. Allesamt längst bekannte Missstände, gegen den die lokalen Verantwortlichen aber nur zögerlich vorgehen, so Rivero. „Wir haben es mit zwei Grundproblemen zu tun. Der Einleitung sämtlicher Abwässer der Stadt Puno und der latenten Untätigkeit der Behörden“. Die haben zwar mehrere Studien in Auftrag gegeben und dafür mehr als zehn Millionen US-Dollar ausgegeben, aber nicht daraus umgesetzt, kritisiert Rivero.
Er ärgert sich, dass Puno nicht schon längst eine Kläranlage hat, um die Einleitung der städtischen Abwässer zu unterbinden. Die sind das Kernproblem in Puno, aber eben auch am anderen Ende des See, in der bolivianischen Bucht von Cohana. Dort werden die Abwässer von rund siebenhunderttausend Menschen ungeklärt in den See eingeleitet. Das belegt die Arbeit von Trópico, der bolivianischen Partnerorganisation von Cedas, erklärt Rivero. Sauerstoffdefizite und ein meterdicker Schlammteppich auf dem Untergrund sind die Folge – an beiden Enden des Sees. Das wird auch von der bolivianischen und der peruanischen Regierung nicht bestritten – nur aktiv sind sie nicht geworden und verweisen auf die Kosten einer Kläranlage. Für Rivero etwas fadenscheinig und so hat er sich gemeinsam mit den bolivianischen Kollegen von Trópico dafür eingesetzt, den Titicacasee als bedroht zu definieren. Erfolgreich, denn seit März 2012 ist der Titicaca der „Bedrohte See des Jahres 2012“. Eine Aktion, die die Regierenden an beiden Enden des Sees in Bewegung setzen soll. Doch bisher ist noch nicht viel passiert, so der Bewahrer des Titicacasees.