La Guajira, Cesar und Catatumbo heißen die Regionen Kolumbiens mit den größten Kohlevorkommen. Während im Verwaltungsdistrikt Cesar und auf der Halbinsel La Guajira bereits en Gros gefördert wird, ist der Widerstand in Catatumbo relativ erfolgreich. Jüngst ist ein Umweltgutachten kassiert worden – ein Signal an die Investoren. Doch auch in den Abnehmerländern mehren sich die kritischen Stimmen.
Unzureichend seien die vorgelegten Unterlagen und auch die vorgeschriebenen Konsultationen der Barí, eines kleinen indigenen Volkes, welches im Grenzgebiet von Venezuela und Kolumbien nördlich der Stadt Cúcuta leben, seien nicht erfolgt, so urteilte das kolumbianische Umweltministerium Ende Januar. Damit ist der Abbau von Steinkohle in der Region der Provinzstadt Tibú erst einmal auf Eis gelegt. In der Region, die noch von leidlich intaktem Regenwald bedeckt ist, leben rund 3000 Barí nach traditionellen Bräuchen.
Und die haben etwas gegen den Abbau der oft direkt unter der Humusschicht liegenden Steinkohle im offenen Tagebau . Die Barí sehen durch die geplante Kohleförderung im offenen Tagebau ihre Existenz gefährdet und wehren sich seit Jahren gegen die Eindringlinge in ihr resguardo, so heißen die Reservate der Indígenas in Kolumbien. Dabei haben sich zumindest einzelne Bergbauunternehmen über die Rechte der indigenen Minderheit, die in der Verfassung garantiert sind, hinweggesetzt – mehrere ihrer Anührer wurden ermordet.
Ähnliche Erfahrungen mussten viele Kleinbauern der Region machen, die sich zur Kleinbauernorganisation ASCOMCAT zusammengeschlossen haben und für eine kleinbäuerliche Schutzzone kämpfen. Für sie sind die Bodenschätze eher Fluch als Segen, denn nur zu gut wissen sie wie es aussieht, wenn die Bagger erst einmal anrollen. Vertreibung ganzer Dörfer hat es beispielsweise beim Ausbau der Mine „El Cerrejón“ in Verwaltungsbezirk Guajira im Norden Kolumbiens gegeben.
Die afrokolumbianische Gemeinde, die dort lebte, ist bis heute nicht entschädigt worden, obwohl in der Mine mit Hochdruck gearbeitet wird und jedes Jahr knapp 32 Millionen Tonnen Kohle gefördert werden, so Volker Gajewski. Der Hamburger war im März vor Ort und hatte Gelegenheit, rund um die Mine El Cerrejón zu recherchieren. „Die Arbeiter der Mine El Cerrejón klagen über hohe Staubentwicklung, die Fahrer der riesigen Sattelschlepper über Wirbelsäulenprobleme, weil die Kohlebrocken mit Wucht auf die Ladeflächen donnern“, so Gajewski. Er gehört dem Hamburger Bündnis gegenstrom.13 an, das am 10. Mai mit einer Elbblockade auf die problematischen Abbaubedingungen der Steinkohle in Kolumbien aufmerksam machen will. Warum?
„Weil kolumbianische Kohle in Hamburg verheizt werden soll, im Kraftwerk Moorburg“, so Gajewski. Dreimal hat er eine Führung über das Gelände des in Bau befindlichen Kraftwerks gemacht und jedesmal wurde ihm erklärt, dass die Kohle aus Kolumbien kommen soll. Der Energiekonzern Vattenfall, Betreiber des Kraftwerks Moorburg, hält sich jedoch bedeckt. In der Selbstverpflichtungserklärung des Unternehmens heißt es, dass man sich zum Schutz der Menschen- wie Arbeitsrechte bekenne, aber wie das zusammenpasst mit dem Import von Steinkohle aus der Mine El Cerrejón oder gar vom US-amerikanischen Drummond-Konzern, der im Verwaltungsbezirk Cesar fördert, ist nicht ganz klar.
Drummond muss sich derzeit wegen der Finanzierung von Paramilitärs und der Exekution von mindestens drei kolumbianischer Gewerkschaftler vor US-Gerichten verantworten. Kohle von Drummond aus Kolumbien wird jedoch auch nach Europa geliefert. Doch wohin sie geht, ist vollkommen unklar. Das geht aus den Unterlagen nicht hervor und die deutschen Stromkonzerne bezeichnen das als ein Geschäftsgeheimnis.Ein Unding für Menschenrechtsorganisationen wie FIAN oder Urgewalt, die seit Jahren mehr Transparenz einfordern. So auch kürzlich auf der RWE-Hauptversammlung. Der Konzern unterhält Geschäftsbeziehungen zu Drummond, wenn auch derzeit „kein Liefervertrag bestehe“.
Mehr Kontrolle, mehr Transparenz und mehr Monitoring vor Ort verlangen die Menschenrechtsorganisationen. Gajewski geht noch einen Schritt weiter: Was macht es für einen Sinn ein Kraftwerk zu bauen, dessen Strom in Norddeutschland gar nicht benötigt wird. Warum soll Hamburg unter massiven Emissionen leiden, wenn der Strom ohnehin exportiert wird. Und aus Klimaperspektive ist das Kraftwerk ohnehin nicht zu vertreten“, kritisiert er die Politik der Hansestadt.
Auf diese Widersprüche soll die Elbblockade zum Hafengeburtstag aufmerksam machen. Dabei wird auch ein kolumbianischer Gewerkschafter, der von Paramilitärs mit dem Tode bedroht wurde, an Bord sein sowie ein Vertreter eines Dorfes, welches bald verschwinden soll – zugunsten der Kohleexporte gen Hamburg. Ein Szenario, das man in Catatumbo zumindest erst einmal verhindert hat.