vonKnut Henkel 27.05.2013

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Luis Pavón Tamayo lautet der Name des obersten Zensors der kubanischen Kulturpolitik der 70er Jahre. Kein Name ist mit „dem grauen Jahrfünft“ so verbunden wie jener von Pavón. Samstag verstarb er in Havanna. Kubas Zar der Zensur war indirekt dafür mitverantwortlich, dass Yoani Sánchez 2007 ihren Blog „Generación Y“ begann.

„Luis Pavón Tamayo war für Kubas Intellektuelle das personifizierte rote Tuch. Er war der Auslöser dafür, dass ich meinen Blog begann – sein Auftauchen im staatlichen Fernsehen löste 2007 eine handfeste Debatte unter Kubas Intellektuellen aus. Die befürchteten, dass die Kultur an die kurze Leine gelegt werden könnte“, so Yoani Sánchez in einem Interview vor drei Jahren.

Im Frühjahr 2007 wurde erst öffentlich in Instituten über das Wiederauftauchen von Pavón diskutiert und über die Hindergründe spekuliert. Dann verlagerte sich die Debatte hinter verschlossene Türen oder wurde per e-mail fortgesetzt. „Ich und viele andere wurden faktisch ausgesperrt“, erinnert sich Sánchez, die dann aus Frustration im April 2007 ihren ersten Beitrag auf „Generación Y“ veröffentlichte.

Dafür war letztlich der Mann verantwortlich, der zwischen 1971 und 1976 dem nationalen Rat der Kultur vorstand und Ausführender einer überaus restriktiven Kulturpolitik auf der Insel wurde. Als graues Jahrfünft ging diese Phase in die kubanische Kulturgeschichte ein und Dogmatismus, Engstirnigkeit und auch Selbstzensur nahmen zu.

Mitverantwortlich dafür war Pavón, der 1930 in Holguín geboren war, als Guerillero gegen den Diaktatur Fulgencio Batista gekämpft hatte und nach 1959 die Zeitschrift „Verde Olivo“ leitete. Das war die Zeitung Zeitung der kubanischen Armee, die derzeit in Kuba wieder neu aufgelegt wird. Nach dem Intermezzo bei der FAR-Zeitung ging Pavón ins Kulturministerium, meldete sich in der UNEAC, der nationalen Vereinigung von Schriftstellern und Künstlern regelmäßig zu Wort und wurde zu einem der einflussreichsten Kulturschaffenden Kubas.

Dabei galten seine beiden Romane und die Gedichte  zwar nicht gerade als literarische Offenbarung, aber die Treue zu Fidel Castro und dem von ihm ausgelobten Slogan  „Innerhalb der Revolution: alles! gegen die Revolution: nichts“ sorgten für den Aufstieg des Kulturpolitikers. Der ist für viele Intellektuelle wie den Castro-Biograf Norberto Fuentes schlicht der Comisario político, der politische Kommissar, der für die schlimmsten Jahre der Zensur steht.

 

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