vonGerhard Dilger 25.05.2011

Latin@rama

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Der Dienstag war ein schwarzer Tag für den Regenwald: Morgens fiel im Bundesstaat Pará das Aktivistenpaar José Cláudio Ribeiro da Silva und Maria do Espírito Santo Auftragskillern zum Opfer, abends erzielte die Agrar- und Waldzerstörerlobby im Parlament von Brasília ihren bislang größten Sieg. Der Tod der Urwaldschützer komme denselben Leuten zupass, die nun ein neues, radikal aufgeweichtes Waldgesetz wollten, rief der linke Abgeordnete Ivan Valente und erntete für diese einfache Wahrheit wütende Pfiffe.
Seit Jahren hatte da Silva, ein 54-jähriger Regenwaldaktivist, auf die Todesdrohungen hingewiesen, die er regelmäßig erhielt. “Ich lebe vom Wald und schütze ihn, so gut ich kann”, sagte er im letzten November auf einem Umweltkongress in Manaus. Deshalb könne ihn jederzeit eine Kugel treffen, wie 1988 den Gummizapfer Chico Mendes oder vor ein paar Jahren die Ordensfrau Dorothy Stang.

Seine Frau Maria leide ebenfalls sehr unter der Situation, berichtete Zé Cláudio, wie ihn seine Freunde nannten: “Sie ist eine noch hartnäckigere Verteidigerin des Waldes. Immer, wenn ich einen Holzfäller aufhalte, macht sie Digitalfotos, und deswegen sagen sie immer, sie müssten uns beide umbringen”.

Im Weg standen die beiden Aktivisten aus der Gemeinde Nova Ipixuna, die von der Verarbeitung von Paranüssen und anderen Urwaldfrüchten lebten, aber auch Viehzüchtern und Köhlern, die aus Tropenholz Kohle für die nahe gelegenen Eisengießereien herstellen.

1997, als sie mit gleichgesinnten Waldproduzenten ihre Siedlung gründeten, war ihre Region zu 85 Prozent von Wald bedeckt, heute sind es nur noch 20 Prozent.

“Natürlich habe ich Angst”, bekannte der grauhaarige Mann mit der Che-Guevara-Mütze in seiner Rede in Manaus, “aber das bringt mich nicht zum Schweigen”. Nur durch den Kauf legaler Waldprodukte könne man der Mafia die Existenzgrundlage entziehen, beschwor er seine Zuhörer.

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Nach Polizeiangaben wurden Zé Cláudio und Maria von mehreren Schüssen niedergestreckt, als sie auf der Landstraße nahe ihrer Siedlung entlangfuhren. Teile ihrer Ohren seien abgeschnitten worden, sagte ein Polizist, wohl als “Beweis” für die Auftraggeber.

Im letzten Jahrzehnt wurden allein in Pará 58 Menschen nachweislich wegen Landkonflikten umgebracht, bei 62 weiteren Morden ist die Sachlage unklar. Das neue Waldgesetz, das die Straflosigkeit bei Umweltverbrechen festzuschreiben droht, verheißt auch für Kleinbauern und AktivistInnen kaum Besserung.

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