vonClaudius Prößer 26.02.2009

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Um zu verstehen, dass Chile ein sehr musikalisches Land ist, muss man nicht auf das Festival Internacional de la Canción hinweisen, das gerade – wie immer Ende Februar – in der Schicki-Micki-Stadt Viña del Mar zelebriert wird. Es schadet aber auch nicht. Zwar feiert sich hier eine ganze Woche lang die Fernseh- und sonstige Prominenz mit viel Trara, aber Musik gemacht wird auch. Wel­chen Stel­len­wert das Fes­ti­val – oder einfach Viña – für die Chilenen hat, ist Außenstehenden nicht leicht zu vermitteln, insbesondere Deutschen, die mit Musikfestivals nur den öden und blutleeren Grand Prix d’Eurovision verbinden. Viña ist Grand Prix plus Grammy Award plus Last Night of the Proms plus Bayreuth, natürlich auf chilenisch und ohne klassische Musik, aber mit Promi-Auftrieb und Mainstream-Künstlern, die trotzdem rocken. Dieses Jahr, zum 50. Jubiläum, treten unter anderem Joan Manuel Serrat, Juanes, Carlos Santana und Marc Anthony auf.


Viña gibt den Chilenen das ganze Jahr Gesprächstoff, angefangen von der Auswahl des Moderatoren-Duos. Männlein und Weiblein müssen es sein, möglichst glamourös – und der Proporz der das Event ausrichtenden Fernsehkanäle muss auch gewahrt bleiben. Im Jahr 2006 gingen Canal 13, der private Kanal der Universidad Católica, und der staatliche Sender Televisión Nacional (TVN) eine „strategische Allianz“ ein, bei der beide das Festival übertragen, was satte Einschaltquoten garantiert. Felipe Camiroaga (TVN) und Soledad Onetto (Canal 13) sind dieses Jahr das mediale Traumpaar, und das Publikum wird jeden ihrer Versprecher registrieren sowie jeden verliebten Blick, obwohl Onetto verheiratet ist und Camiroaga mutmaßlich schwul, eine Unterstellung, die er – natürlich – juristisch verfolgen lässt. A propos Publikum: Das Publikum von Viña ist wahrscheinlich dasweltweit einzige, welches quasi personifiziert einen eigenen Namen erhält: el monstruo. Monster deshalb, weil es zu den Gepflogenheiten des Festivals gehört, dass schlechte Darbietungen ebenso niedergepfiffen werden wie Moderatoren, die eine gute Darbietung abzumoderieren versuchen.

Hier in Puerto Montt herrscht zurzeit noch mehr Aufregung, denn eine „lebende Legende“, so die lokale Presse, spielt heute Abend auf: Deep Purple. Weil die britischen Uraltrocker zum allerersten Mal in der Stadt sind und wohl auch nicht ein zweites Mal kommen werden, verfolgt man sie auf Schritt und Tritt, versucht ihnen Statements, gemeinsame Fotos oder zumindest Autogramme abzulocken. Nachher werden fünftausend puertomontinos die Köpfe zu den Riffs von Child in Time und Smoke on the Water schwenken, denn wie Gitarrist Steve Morse schon bei der Ankunft am Flughafen sagte: „Die Leute hier lieben die Musik und gute Energie. Und wir haben beides.“


Fotos: La Tercera, Ausriss aus El Llanquihue

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