von 17.10.2008

Latin@rama

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Am 18. Juli 2008 hob die argentinische Polizei ein Drogenlabor in einem Landhaus in einem Ort mit dem schönen Namen Ingeniero Maschwitz (Provinz Buenos Aires) aus. Neun Mexikaner und ein Argentinier, die dort in aller Ruhe Ecstasy und Methylamphetamin herstellten, wurden festgenommen.

Eigentümer des Hauses ist der neunundvierzigjährige Mexikaner Jesús Martínez Espinoza, der zwei Tage vor der Polizeiaktion das Land verlassen hatte – mit einem falschen Pass und 25 kg Ephedrin im Gepäck, die er unerkannt durch die Sicherheitskontrollen schmuggeln konnte.

Seit Martínez im Mai letzten Jahres zum ersten Mal nach Argentinien einreiste, ist er vierzehn Mal dorthin zurückgekehrt. Angeblich besitzt er sieben gefälschte Pässe und arbeitet für das Sinaloa-Kartell, eines der weltweit größten Drogenkartelle, das in 36 Ländern operiert.

Der Chef des Sinaloa-Kartells ist der Mexikaner Joaquín Guzmán Loera, alias „El Chapo“. Der Mann, so die Legende, wechselt nach jedem Anruf sein Handy. Geht er in ein Restaurant, schließen seine Leibwächter das Lokal, sammeln die Handys aller Gäste ein und lassen niemanden vor die Tür, bis „El Chapo“ in Ruhe sein Mahl beendet hat. Dann steht er auf, zahlt die Rechnungen aller Gäste, lässt ihnen die Telefone wieder aushändigen und verlässt das Restaurant mit einem breiten Grinsen

Am 2. Oktober wurde Jesús Martínez Espinoza, gesucht per internationalem Haftbefehl der argentinischen Justiz, in einem Hotel im Zentrum von Asunción (Paraguay) verhaftet. Die Polizei stellte einen gefälschten Pass und einen Koffer voller Drogen sicher. Trotz der erdrückenden Beweise bestreiten Martínez und seine Anwälte kategorisch, dass Martínez in illegale Geschäfte verwickelt sei.

Jesus Martínez Espinoza, der “König des Ephedrins”

Dieser Tage wurde eine kuriose Seite ins Netz gestellt, um die Ehre des Ephedrinkönigs zu verteidigen. Dort werden die Leser folgendermaßen empfangen: „Danke, dass Sie die offizielle Homepage von Herrn Jesús Martínez Espinoza besuchen. Wir respektieren die Medien, aber möchten auch, dass Sie, wie wir in Mexiko sagen, die andere Seite der Medaille kennenlernen. Möge Gott Sie schützen.“

Die Internetpräsenz umfasst eine Galerie mit Familienfotos, auf denen Martínez mit seiner Frau an ihrem Hochzeitstag zu bewundern ist, Martínez im Kreise seiner Töchter, Martínez mit seinem Enkel „Jesús Jr.“ in Disneyland, Martínez bei Exerzitien.

Sehr gelungen sind die Testimonials seiner Familie. So schreibt seine Tochter: „Hallo, ich bin Jessi, Fan Nummer eins von Herrn Jesús, meinem Papa… als seine Tochter kann ich Euch sagen, dass er der beste Papi ist, den Gott mir geben konnte, er ist mein Idol, er war immer ein großartiger Papa, mein bester Freund. Er hat mich nie angelogen, auch nicht, als ich noch ein kleines Mädchen war.“

Am kuriosesten jedoch ist die Seite „Produkte“. Dort kann man für 17 Dollar (einschließlich Steuern und Versand) das „Hemd der Gerechtigkeit“ erwerben: Ein T-shirt, in schwarz oder weiß, mit einem Foto von Martínez auf der Vorderseite, den Flaggen Argentiniens und Mexikos auf den Ärmeln sowie, auf dem Rücken die Inschrift „Wir vertrauen auf die Justiz“.

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https://blogs.taz.de/latinorama/eine_bizarre_internetpraesenz/

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kommentare

  • Schauen Sie mal auf die Seite unten den roten Eintrag: Das Schwein ist am 12. Oktober in Paraguay freigesprochen worden!
    Damit dürfte der GLauben der Familie an die gute Justiz wiederhergestellt sein…

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