Dabei ist die nunmehr offizielle Feststellung, dass Frei Montalva 1982 Opfer eines Giftmords wurde, eine mittlere Sensation. Der Christdemokrat war eine wichtige Oppositionsfigur unter Pinochet, als er sich in einer Privatklinik einer harmlosen Leistenbruchoperation unterzog. Mehrere Wochen später war er tot – aufgrund unvorhersehbarer Komplikationen durch eine Bauchfellentzündung mit anschließender Sepsis. Erst zu Anfang des neuen Jahrtausends schalteten Freis engste Angehörige aufgrund neuer Verdachtsmomente die Justiz ein. Frei Montalvas Überreste wurden 2004 exhumiert und von zwei Spezialistinnen der Universidad de Chile untersucht – die prompt Spuren von Senfgas und dem hochgiftigen Schwermetall Thallium fanden.
Das wiederum deutet auf eine Beteiligung des Militärgeheimdienstes DINA hin – in Person des Chemikers Eugenio Berríos, der Substanzen wie das Nervengift Sarin herstellte. Aussagen kann er freilich nicht mehr, er wurde 1993 in Uruguay ermordet, möglicherweise um ebendies schon damals zu verhindern. Die komplexen personellen Zusammenhänge der Frei-Ermordung hat die Journalistin Mónica González akribisch verfolgt und in einem hervorragenden Dossier zusammengestellt.
Jetzt neigt sich die Waage wieder in die andere Richtung: Richter Madrid wurde wegen mutmaßlicher Befangenheit von einem höherinstanzlichen Gericht vorläufig vom Verfahren suspendiert, und der Oberste Gerichtshof könnte am kommenden Montag mehreren Beschwerden stattgeben und die verhängten Haftbefehle gegen beteiligte Ärzte und Komplizen aufheben. Eine Verurteilung liegt noch in weiter Ferne. Immerhin wird Sebastián Piñera, wenn er am 17. Januar die Stichwahl gegen Frei jr. gewinnen sollte, die Untersuchungen entschlossen vorantreiben. Hat er gesagt.
Foto (dpa): E. Frei (Sohn) steigt aus dem Grab von E. Frei (Vater)