vonClaudius Prößer 24.12.2009

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Was für ein Timing: Als der Untersuchungsrichter Alejandro Madrid Anfang Dezember Haftbefehle gegen sechs Personen wegen Mordes an Eduardo Frei Montalva ausstellen ließ, war das genau sechs Tage vor der Präsidentschaftswahl – zu der Eduardo Frei Ruiz-Tagle, Sohn des früheren Präsidenten und selbst Ex-Präsident, als Kandidat antrat. Dass die seit Jahren laufenden Ermittlungen ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt in der Nennung mutmaßlicher Schuldiger gipfelten, wurde von Vertretern der rechten Opposition sofort als Wahlbeeinflussung gerügt. Wegen dieses zumindest nicht völlig abwegigen Verdachts ist höchst fraglich, ob der Fall Frei dem Kandidaten in der anstehenden Stichwahl eher hilft oder schadet.

Dabei ist die nunmehr offizielle Feststellung, dass Frei Montalva 1982 Opfer eines Giftmords wurde, eine mittlere Sensation. Der Christ­de­mo­krat war eine wichtige Oppositionsfigur unter Pinochet, als er sich in einer Pri­vat­kli­nik einer harmlosen Leistenbruchoperation unterzog. Mehrere Wo­chen später war er tot – aufgrund unvorhersehbarer Komplikationen durch eine Bauchfellentzündung mit anschließender Sepsis. Erst zu Anfang des neuen Jahrtausends schalteten Freis engste Angehörige aufgrund neuer Verdachtsmomente die Justiz ein. Frei Montalvas Überreste wurden 2004 exhumiert und von zwei Spezialistinnen der Universidad de Chile untersucht – die prompt Spuren von Senfgas und dem hochgiftigen Schwermetall Thallium fanden.

Das wiederum deutet auf eine Beteiligung des Militärgeheimdienstes DINA hin – in Person des Chemikers Eugenio Berríos, der Substanzen wie das Nervengift Sarin herstellte. Aussagen kann er freilich nicht mehr, er wurde 1993 in Uruguay ermordet, möglicherweise um ebendies schon damals zu verhindern. Die komplexen personellen Zusammenhänge der Frei-Ermordung hat die Journalistin Mónica González akribisch ver­folgt und in einem hervorragenden Dossier zusammengestellt.

Jetzt neigt sich die Waage wieder in die andere Richtung: Richter Madrid wur­de wegen mutmaßlicher Befangenheit von einem höherinstanzlichen Ge­richt vorläufig vom Verfahren suspendiert, und der Oberste Gerichtshof könn­te am kommenden Montag mehreren Beschwerden stattgeben und die verhängten Haftbefehle gegen beteiligte Ärzte und Komplizen auf­he­ben. Eine Verurteilung liegt noch in weiter Ferne. Immerhin wird Se­bas­tián Piñera, wenn er am 17. Januar die Stichwahl gegen Frei jr. gewinnen sollte, die Untersuchungen entschlossen vorantreiben. Hat er gesagt.

Foto (dpa): E. Frei (Sohn) steigt aus dem Grab von E. Frei (Vater)

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