In Historias extraordinarias, seinem zweiten Spielfilm, erzählt der argentinische Regisseur Mariano Llinás drei Geschichten aus der Provinz Buenos Aires.
In der Tat ein außergewöhnlicher Film: In vier Stunden entwirft Llinás ein filmisches Mosaik aus drei Erzählsträngen und vielen weiteren kleinen Begebenheiten, kommentiert durch eine sonore Stimme aus dem Off, und mit einer echten Independent-Ästhetik, die spannend und nüchtern zugleich ist. Wie schon Llinás’ erster Film Balnearios (2002) wurde Historias extraordinarias auf dem letzten Bafici-Festival, dem Independent-Kinofestival in Buenos Aires, präsentiert. Das Publikum war begeistert, und der Film gewann mehrere Preise. Er ist nach Leonera von Pablo Trapero und La mujer sin cabeza von Lucreia Martel, die in Cannes gezeigt wurden, sowie El nido vacío von Daniel Burman das vierte argentinische Kinohighlight in diesem Jahr.
„Nach diesem Film wird man besser filmen und denken müssen“, schreibt der Regisseur Santiago Palavecino über Historias extraordinarias in einer Kritik in der argentinischen Kinozeitschrift El Amante und charakterisiert den Film als „transparente Wette“, womit er das Einzigartige des Films genau beschreibt. Mariano Llínás selbst sieht die lokalen Bühnen der Off-Theater als Vorbild für seinen Film. Vieles, was er immer vom Kino erwartete („Freiheit, eine gute Erzählung, gute Einfälle und viel Talent“), habe er statt auf der Leinwand im Theater gefunden: „Ich erinnere mich an die Aufführung eines Theaterstücks meiner Freundin Mariana Chaud: Ich war begeistert, fast geblendet. Nach der Aufführung warteten wir draußen, und die Schauspieler trugen eine riesige Tischplatte aus dem Theater, die auf der Bühne gelegen hatte, um Platz für die nächste Aufführung zu machen. Das Heraustragen der Platte war unglaublich künstlerisch. Das gibt es im Kino nicht: Menschen, die eine so intensive Beziehung zu ihrem Talent und ihrer Arbeit haben. Menschen, die ohne zu zögern in einem Moment in einer anrührenden Vorstellung alles geben und danach ihre eigenen Requisiten tragen. Ich merkte, dass das Kino anders funktioniert: die strenge Rollenverteilung, diesen teilenden Mechanismus merkt man den Filmen an. Und ich dachte: Wir müssen anfangen, wie diese Menschen zu arbeiten, mit derselben Hingabe und derselben Lust.“
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Die vier Stunden von Historias extraordinarias vergehen wie im Flug. Der Film ist tatsächlich wie eine Reise. Der Regisseur meint: “Wenn man eine Reise im Auto unternimmt, eine lange Reise, ändert sich ständig das, was man als wichtig wahrnimmt. Ständig trifft man auf Neues, das aber durch die permanente Bewegung sofort wieder zurückbleibt. Das genau wollte ich in dem Film rekonstruieren: kurze, interessante Erzählungen, die jedoch keine große Geschichte ergeben. Der Film will keine abgeschlossene, schlüssige Handlung zeigen, er ist vielmehr ein Aneinanderreihen vieler Attraktionen. Und am Ende ergibt sich eine Landschaft und du sagst dir: Wie schön, ich bin gereist.“