vonGerhard Dilger 19.02.2025

latin@rama

Seit 2008 Nachrichten vom anderen Ende der Welt und anderswoher.

Mehr über diesen Blog

Buenos Aires/Quito (epd). Die erste Runde der Präsidentschaftswahl in Ecuador ist mit einem äußerst knappen Ergebnis zu Ende gegangen. Nach der Auszählung aller Stimmbezirke neun Tage nach der Wahl kam der amtierende rechte Präsident Daniel Noboa auf 44,17 Prozent der Stimmen. Seine linksgerichtete Herausforderin Luisa González erzielte 43,97 Prozent, wie der Nationale Wahlrat am Dienstag in der Hauptstadt Quito mitteilte. Die Wahlbeteiligung lag bei 82 Prozent.

Der Ausgang der Stichwahl am 13. April ist damit völlig offen. Ecuador ist politisch extrem polarisiert. Bei den Parlamentswahlen, die parallel zur Präsidentschaftswahl stattfanden, verfehlten die Parteien von Noboa und González die absolute Mehrheit deutlich. Dort liegt die Revolución Ciudadana von González mit 67 von 151 Sitzen knapp vorne, die Acción Democrática Nacional von Präsident Noboa kommt auf 66 Sitze.

Luisa González, die dem ehemaligen Präsidenten Rafael Correa (2007-2017) nahesteht, hofft für die Stichwahl auf die Stimmen des drittplatzierten indigenen Kandidaten Leonidas Iza (5,25 Prozent). Dafür müsste sie auf Iza zugehen, der für seine Partei Pachakutik ein „kollektives, antikoloniales“ Projekt vertritt und eine ökologische Politik zugunsten der „Rechte der Natur“ fordert. Wahrscheinlich werde ein Teil der indigenen Wähler:innen für Luisa González votieren, andere würden sich der Stimme enthalten, meint der Ökonom Alberto Acosta, der Iza nahesteht.

Die progressive Kandidatin González verspricht vor allem eine Stärkung des Sozialstaats, die Bekämpfung der Korruption innerhalb des Justizsystems und den Ausbau der Demokratie. Mit der Rückendeckung des Ex-Präsidenten Correa, der wegen Korruption verurteilt wurde und deswegen in Belgien wohnt, will sie Ecuador zur wirtschaftlichen Stabilität früherer Jahre zurückführen. Sie wäre das erste weibliche Staatsoberhaupt des Andenlandes.

Daniel Noboa, Sohn des Bananen-Milliardärs Álvaro Noboa, hatte vor dem ersten Wahlgang als Favorit gegolten. Hauptthemen im Wahlkampf waren die öffentliche Sicherheit und die Energiekrise des Landes. Ecuador war in den vergangenen Jahren zu einem der unsichersten Länder des Kontinents geworden und weist eine der höchsten Mordraten weltweit auf. Der Präsident geht seit Beginn seiner Amtszeit im November 2023 mithilfe des Militärs und nächtlichen Ausgangssperren gegen die Banden vor, die von Ecuador aus Kokain nach Europa und in die USA schmuggeln. Gleichzeitig wirkt Noboa hilflos gegenüber der anhaltenden Energieknappheit, die immer wieder zu vermehrten Stromausfällen und zu Rationierungen führt.

Foto: Patricia Gualinga, Alberto Acosta und Enrique Viale bei einer Buchvorstellung in Buenos Aires.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/latinorama/hoffnung-fuer-die-rechte-der-natur/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert