vonHildegard Willer 19.09.2014

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Dass man Kokaintütchen schmuggeln kann oder einen kleinen Goldbarren, das mag einleuchten. Wie aber kann man einen illegal geschlagenen Mahagoni- oder Zedernstamm von mehreren Metern Durchmesser an den Kontrollen vorbei schmuggeln und ganz legal ins Ausland exportieren ?

Ganz einfach, man fälscht die Papiere bereits an ihrem Ursprungsort, dort, wo der Baumstamm geschlagen wird. Der Nachweis dieser Fälschung ist für die Behörden aufwendig und mühsam und zudem gefährlich. Vier Asháninka-Bürger aus dem peruanischen Regenwald, die immer wieder das Eindringen illegaler Holzhändler angezeigt hatten, haben ihren Einsatz mit dem Leben bezahlt. Anfang September wurden die Reste ihrer Leichen an der peruanisch-brasilianischen Grenze gefunden.  Sie waren seit Monaten von illegalen Holzhändlern bedroht worden.

Ein Besuch in der Gemeinde Balta, in der Provinz Purús, Departament Ucayali.  Eine Stunde mit Kleinflugzeug, und dann nochmal zwei Tage auf dem Fluss, bis man dort ist. Hier stehen noch  begehrte Mahagoni-Bäume. Die Präsenz des peruanischen Staates beschränkt sich auf eine Grundschule. Die Menschen ernähren sich von dem, was der Wald und der Fluss hergibt (wenig), Bargeld gibt es keines. Bank und Bankkarten sind mehrere Tagesreisen weg.

Dennoch, so erzählt mir der Dorfpräsident, würden sie der peruanischen Steuerbehörde mehrere Tausende Soles schulden.  Das sei die Strafgebühr für illegalen Holzschlag. Dabei hätten sie gar nie Holz geschlagen. Was war passiert ? Indígena-Gemeinschaften dürfen Bäume im Regenwald schlagen auf ihrem Gebiet, müssen aber für die Abholzung jedes Tropenbaums mit Angabe der GPS-Daten die Bewilligung bei der Forstbehörde einholen.

Da die Indígena-Gemeinschaften nicht über Maschinen und Transportmittel verfügen, die Bäume selber zu schlagen, kaufen ihnen gewiefte Holzhändler diese Genehmigung für einen Appel oder ein Ei, oder auch mal ein paar Kisten Bier für den Dorfpräsidenten, ab.  Mit dieser Genehmigung besorgen sie legale Papier bei der Forstbehörde und weisen damit ihr eigenes, illegal, geschlagenes Holz aus. Immer auf den Namen der Indígena-Gemeinschaft.

Monate später kommt ein Kontrolleur der nationalen Forstaufsichtsbehörde, um die geschlagenen Bäume zu kontrollieren: Der findet statt eines Baumstrunks den ganzen Baum vor. Welcher Baum verliess dann mit den echten Papieren das Gebiet und das Land ? Der einzig Schuldige ist auf dem Papier der Dorfpräsident, er wird zu einer hohen Strafe verdonnert.

So oder ähnlich läuft der Tropenholzhandel in ganz Peru ab, sagt Julia Urrunaga von der NGO Environmental Investigation Agency (EIA). Die Holzexporteure waschen sich die Hände, denn sie kaufen ja Holz mit ganz legalen Papieren von Dritten auf.  Vor zwei Jahren hat EIA die offiziellen Ausfuhrdaten mit den Daten der Forstbehörde verglichen und in 40% der legal verschifften Tropenhölzer illegal geschlagenes Holz gefunden.  Die Reaktion der peruanischen Behörden: Sie erhöhten die Strafen für aufgedeckte Fälle, sprich, die Strafen für Dorfgemeinschaften, die ihre Abholzrechte verkaufen.  Die Holzhändler selber bleiben unbelangt.

Die einzige Möglichkeit, so Julia Urrunaga, ist es, die Dorfgemeinschaften besser aufzuklären und sie und die Aufsichtsbehörden besser auszustatten. „Wenn Leute aus den Dörfern in der Provinzstadt eine Inspektion einfordern, weil auf ihrem Gebiet illegal abgeholzt wird, dann verlangen die lokalen Behörden erst mal Geld von ihnen, um das Benzin für die Bootsreise zu bezahlen und überhaupt dort hinfahren zu können“, erzählt Urrunaga.  Wenn ein lokaler Forstbeamter doch mal einen Holzhändler bestraft, dann schlagen die Holzhändler mit einer Gegenklage vor Gericht zurück. „Seine Verteidungskosten muss der Beamte dann selber tragen, der Staat unterstütz ihn nicht“, berichtet Urrunaga.

Tropenholz kann in die EU nur mit dem Siegel des „Forest Stewardship Council“ eingeführt werden. Leider bieten diese Siegel wenig Sicherheit, dass nicht doch illegal geschlagenes Tropenholz darunter sei: Das FSC würde nur die Papiere kontrollieren und abhaken. Aber da diese ja bereits an ihrem Ursprungsort gefälscht bzw. legal abgeluchst wurden, bedeutet es eben wenig, wenn die Papiere in Ordnung sind.

Wäre ein Ausfuhrverbot für Tropenholz eine Lösung ? Julia Urrunaga ist skeptisch. Dann würde sich der Tropenholzhandel illegal über die Flüsse nach Brasilien verlagern, und Regionen wie Ucayali und Loreto in ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten bringen.

Im Dezember findet in Lima die Weltklimakonferenz statt. Peru will sich als grünes Vorzeigeland präsentieren. In der Selva ist davon noch wenig zu spüren.

 

 

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https://blogs.taz.de/latinorama/im-angebot-tropenholz-frisch-gewaschen/

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