vonGerhard Dilger 16.09.2010

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Seit 2008 Nachrichten vom anderen Ende der Welt und anderswoher.

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Der Protest der taz-AuslandskorrespondentInnen schlägt unerwartet hohe Wellen.

Besonders freut uns die Solidarität von LeserInnen, GenossInnen und KollegInnen. So hat uns – unter vielen – das Team der Leipziger Lateinamerika-Website Quetzal viel Glück gewünscht.

Und Frank Braßel, der im Auftrag des Evangelischen Entwicklungsdienstes in Ecuador arbeitet, hat folgenden Brief  geschrieben:

Gruselig, was wir da von der taz lesen muessen. Hatte sie sich bislang von einem relativ (in Relation zu den meisten anderen deutschen Tageszeitungen, nicht in Relation zu den Notwendigkeiten einer komplexen globalisierten Welt) dichten und qualifizierten Korrespondentennetz gelebt, versucht sie nun offenbar, den langjaehrigen Fehlentwicklungen der meisten anderen deutschen Tageszeitungen nachzueifern.

Bald werden wir die gleichen – fadenscheinigen, uniformen – Meldungen der multinationalen Presseagenturen, welche die grosse „Pressevielfalt“ verbraet, verlogen als „Artikel“ ausgegeben, vermehrt in der taz lesen koennen – und immer weniger von der Welt verstehen. Das ist ja genau die Funktion der „buergerlichen Presse“. Und dem will die taz nacheifern? Traurig.

Franks Befürchtungen sind leider nicht von der Hand zu weisen. Aber ich bin sicher, dass am Samstag auf der jährlichen Genossenschaftsversammlung in Berlin letztlich das längst nötige Signal ausgehen wird, nämlich:

Gerade in Zeiten, in denen die Konkurrenz massiv an der Auslandsberichterstattung spart, muss die taz erst recht das Gegenteil tun. Damit ihre LeserInnen auch künftig im Ausland in der ersten Reihe sitzen!

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kommentare

  • Das ganze System TAZ hört sich für mich immer mehr nach einem Ausbeutungssystem an. Wo bleibt denn der Idealismus?
    Soll das heißen: Endwerder verdienst Du irgendwo im System dein Geld, oder Du musst dich für das Ideal selbst aufopfern?
    Miese Zeiten!
    Strolch

  • Lieber Reiner,

    erstens halte ich für Quatsch, was Du schreibst. Zweitens nervt es, dass Du nie auf Argumente eingehst. Und drittens und vor allem: Wenn Du wirklich den Unterschied in Unternehmensform, -kultur und -zweck zwischen Daimler Benz, Lidl und taz nicht verstehst, dann haben wir da echt richtige Probleme, ne gemeinsame Ebene zu finden. Ich kann mir höhere Erlöse einfach nicht backen, mit denen Anpassungen und das Auffüllen von Gerechtigkeitslücken nach oben zu finanzieren wären.

    Ich finde es übrigens völlig in Ordnung, Eigeninteressen zu vertreten. Würde ich auch machen.

    Gruß und bis morgen
    Bernd

  • Lieber Bernd, merkst Du eigentlich nicht, in was für einen seltsamen Gerechtigkeitsbegriff dich Du da versteigst? Würdest Du deine eigenen Sätze in einer Erklärung, sagen wir mal von Daimler Benz oder Lidl oder sonst einen Großbetrieb finden, du würdest aufschreien und die taz würde ganze Seiten verfassen.

    Gruss von einem, der sein „Eigeninteresse“ verteidigt.

    Reiner Wandler/ Madrid

  • LIeber Karim,

    Du hast recht, ja: Das neue Modell bedeutet für jene, die bislang deutlich besser verdient haben als die meisten anderen in der taz, dass sie für ihre Arbeit etwas weniger Geld bekommen. Wenn wir endlich anfangen könnten, über die genaue Ausgestaltung der Verträge zu reden statt über die Grundentscheidung, ließe sich an diesem „etwas“ womöglich einiges machen.

    Ich staune nur immer, wie schnell in diesen Debatte vergessen wird, was für eine Zeitung die taz ist – ein kleine Zeitung, herausgegeben von einer Genossenschaft aus bald 10.000 LeserInnen, ohne Gewinnausschüttung an irgendwen, annähernd ohne Werbeeinnahmen, die seit ihrer Gründung nur deshalb existieren kann, weil ihre MitarbeiterInnen auf Gehalt verzichten – in meinem Fall (Redakteur einer überregionalen Tageszeitung, Auflagenhöhe zwischen 50.000 und 100.000, 16 Berufsjahre) rund 50 Prozent des Tariflohns.Die Erlöse der taz geben es einfach nicht her, Konflikte durch Anpassung nach oben zu lösen. Wenn Du an meiner Stelle im Vorstand wärst, könntest Du auch keine Erhöhung des Auslandsetats um 6.000 Euro monatlich beschließen, we es die Korris zunächst mal gefordert haben. Du hast völlig Recht: Der Haushalt ist klein und endlich.Und gemeinerweise wollen wir trotzdem eine gute Auslandsberichterstattung.

    DIe eigentliche Alternative wäre: Wir reduzieren die Zahl der KorrespondentInnen auf ganz wenige, die wir richtig gut bezahlen, machen alles andere über Agentur und richtig schlecht bezahlte freie, und wenn mal irgendwo wirklich was los ist, fliegt einer aus Berlin hin. Muss ich mich wirklich dafür entschuldigen, dass ich als Auslandsredakteur gern weiterhin mit KorrespondentInnen vorort auch jenseits der News Hot Spots arbeiten will?

    Und nenn es „Teile und Herrsche“ – aber erklär dann bitte Du den inlandskorrespondenten, dass ihre Honorare zwischen 34 und 57 Cent wieder nicht deutllich erhöht werden können, während (nicht weil) manche Auslandspauschalisten es als Zumutung empfinden, für weniger als 1,47 Euro zur Tastatur zu greifen. Du musst ihnen das nicht erklären und kannst schimpfen – ich schon,

    Ich weiß, dass es immer Scheiße ist, eimal erzieltes Einkommen verlieren zu sollen. Und ja, ich hätte persönlich damit auch ein Riesenproblem, schließlich hat jedeR von uns fixe Ausgaben, Kinder, eine Lebensplanung, finanzielle Verpflichtungen. Ich hätte auch verdammt gern die Möglichkeit, Neuregelungen nur für etwaige neue gelten zu lassen und die Bedingungen der seit langem verdienten KollegInnen einfach in Ruhe zu lassen. (So wie es die Unis mit ihrer Runterstufung der Profs gemacht haben – neue kriegen weniger, alte bleiben unangetastet – sehr praktisch, und niemand wehrt sich).

    Konkret hieße das im Fall der taz aber, sowohl den Anspruch auf gerechtere Bezahlung aller Korris als auch den auf eine endlich wieder normale Organisation der Auslandsberichterstattung auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben. Dazu gehören Reisemöglichkeiten, über die wir allein entscheiden können ohne bei anderen Medien betteln zu gehen – nicht für uns aus der Berliner Redakion, sondern vor allem für die KorrespondentInnen. (Wobei ich nicht verhehlen kann, dass ich es nett fände, wenn die taz mir als Lateinamerika-Redakteur irgendwann mal eine zweite Lateinamerikareise nach meiner bislang einzigen von der taz finanzierten 1995 bezahlen könnte.) Dazu gehört auch, für besonders aufwändige Recherchen jenseits des Zeilensatzes mal Zuschläge bezahlen zu können, um das System zu durchbrechen, dass sich für die KorrespondentInnen rein betriebswirtschaftlich eigentlich nur der schnell aus dem Büro geschriebene Text irgendwie rechnet.

    Wir beide diskutieren natürlich auf unterschiedlichen Ebenen: Ich persönlich habe materiell von der Neuregelung gar nichts sondern erhoffe mir nur eine bessere Auslandsberichterstattung – Du hingegen verlierst etwas und wehrst DIch dagegen. Das ist selbstverständlich Dein gutes Recht . Wie die betroffenen KollegInnen allerdings ihr legitimes Eigeninteresse zum Interesse der Allgemeinheit (gemeint: der taz-Auslandsberichterstattung) umdefiniert haben, das finde ich atemberaubend.

    Liebe Grüße und bis morgen in Berlin
    Dein Auslandsredakteur
    Bernd Pickert

  • Korrespondenten am Ausüben ihrer Tätigkeit zu behindern – hier stimmt was nicht im Staat.

    Kann das wirklich gewollt sein: Man lässt den Korrespondenten so wenige Mittel, damit dem Leser Informationen vorenthalten werden? Dann kann er sich keine Meinung mehr bilden.

  • Lieber Bernd

    Deine Teile-und-Herrsche-Methode ist atemberaubend. Versuch weiter alle gegen alle auszuspielen. Freie gegen Pauschalisten, Pauschalisten mit niedriger Pauschale gegen Pauschalisten mit hoher Pauschale. Vielleicht fällt dir noch etwas ein, die festangestellten Korrespondenten in dieses Spiel einzubeziehen.

    Die Grundprinzip ist: du hast die gleiche, niedrige Menge Geld und möchtest dafür aber mehr Leute arbeiten lassen. Das ist der beste Weg, um den Zug der taz-Auslandsberichterstattung aufs Abstellgleis zu fahren, weil es nicht funktionieren wird.

    Und das ganze Gerede von Umstrukturierung: nehmen wir doch mal meinen Fall: Mir wurde als Nahost-Korrespondent nicht gesagt, dass man mich nicht mehr brauche oder dass ich soll in Zukunft weniger arbeiten soll, weil die Schwerpunkte woanders sind. Nein: ihr erwartet von mir, dass ich genauso viel arbeite, nur für weniger Geld.

    Euer Grundprinzip ist, mit einem bescheidenen Haushalt noch mehr Arbeit aus den Leuten zu pressen. In meinem Fall lautet die Rechnung. Mit dem neuen Vertrag den ihr mir anbietet, müsste ich 50 Prozent mehr arbeiten, um bei der taz das gleiche zu verdienen wie bisher.

    Wenn die Arbeit des taz-Auslands verbessert werden soll, dann gibt es nur einen einzigen gangbaren Weg: das Auslandsbudget muss erhöht werden. Dann wäre ich übrigens als erstes dafür, die Situation der Freien zu verbessern.

    Viele Grüße aus Kairo
    Euer Nahost-Korrespondent
    Karim El-Gawhary

  • Meinst Du wirklich, Gerhard, dass es eine vernünftige Etat-Struktur ist, wenn für normale Reise- und Recherchetätigkeit ein Verein gegründet werden muss? Das sollte doch mit den 20 Prozent des gesamten Redaktionsetats, den die taz in ihre Auslandsberichterstattung steckt, zu machen sein, oder?

    Warum krieg ich das Geld kaum zusammen, damit XY nach Z fahren kann, wenn die Schwerpunktredaktion daran kein so großes Interesse zeigt? Warum muss ich bei drei verschiedenen Ressorts betteln gehen, damit der zuständige Regionalkorrespondent mal wieder nach Venezuela reisen kann, und das auch nur, wenn er noch externe Kofinanzierung aufgetrieben hat?

    Sorry, das macht keinen Sinn, und es kann auch nicht sein, dass der Verein das auffangen soll. Das ist doch unser Leidensdruck: Dass GANZ NORMALE redaktionelle Planung und Schwerpunktsetzung mit unserem festgezurrten Etat nicht mehr seriös zu machen ist.

    Der Verein soll das finanzieren, was besonders aufwändig ist, die kostenintensive Recherche, die aus dem normalen einfach unter keinen Umständen zu stemmen ist.

    Und wie gesagt, warum Du und viele andere für ihre gute Arbeit auf Dauer weniger bekommen sollen als andere, will mir nicht in den Kopf.

    Aber gut, Differenzierung in Zeiten der Solidarität mit betroffenen KollegInnen ist immer ganz schwierig, versteh ich schon.

    Weiter schöne Streiktage
    Bernd

  • Lieber Bernd,

    keine Sorge, ich weiß ziemlich gut, warum ich wann was mache.
    Für das Reisegeld gibt es ja bald den Recherchefonds bzw. den „Verein für die FreundInnen der taz-Auslandsberichterstattung“, für den wir uns zusammen mit anderen im Hause seit Juni 2009 immer wieder eingesetzt haben (klar, die Idee ist viel älter, aber in der jetzigen Form haben WIR sie wiederbelebt).
    Dieser Fonds wird ALLEN AuslandskorrespondentInnen zugute kommen.
    Und er lässt Euch mit Eurem „Flexibilisierungs“-Argument recht alt aussehen.

  • Stimmt, Gerhard, es ist schon besser, wenn Du als Regionalkorrespondent weiterhin kein Geld zum Reisen hast und für Deine Arbeit weniger Geld bekommst als Deine KollegInnen mit den hohen Pauschalen. Nur so ist die Qualität der Berichterstattung zu gewährleisten.
    Mann mann mann….

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