vonClaudius Prößer 05.11.2008

latin@rama

Seit 2008 Nachrichten vom anderen Ende der Welt und anderswoher.

Mehr über diesen Blog

Zu Cannabisprodukten haben viele Chilenen ein angenehm entspanntes Ver­hält­nis, was natürlich auch auf den vergleichsweise hohen Konsum zu­rück­zu­füh­ren sein könnte. An gutes Gras zu kommen, ist selten ein Pro­blem – in einem Land mit viel Platz und viel Sonne käme jedenfalls nie­mand auf die Idee, Zimmer-Plantagen unter künstlichem UV-Licht an­zu­le­gen. Keine Erleuchtung war dagegen die Entscheidung der Re­gie­rung von Anfang des Jahres, Marihuana auf eine Stufe mit Drogen wie Kokain und der zerstörerischen pasta base zu stellen, insbesondere was das Straf­maß für den Handel angeht.

Am meisten Sorgen aber macht der staatlichen Drogenkontrollbehörde Conace der verbreitete Cannabisgebrauch unter Jugendlichen und deren mangelndes Problembewusstsein. Einer im vergangenen Jahr durch­ge­führ­ten Erhebung zufolge haben fast 16 von 100 Schülern zwi­schen der 8. und der 12 Klasse mindestens einmal in den letzten zwölf Monaten Marihuana konsumiert – wobei es unter den Achtklässlern fünf und unter den Schulkameraden aus der Zwölften 24 Prozent waren. Die Un­ter­schie­de zwischen Jungen und Mädchen sowie zwischen (armen) öf­fent­li­chen und (reichen) privaten Schulen fallen dabei in­te­res­san­terweise kaum ins Gewicht.

Jetzt will man propagandistisch gegenlenken: Seit gestern sendet das Fernsehen drei quietschbunte und gar nicht mal unlustige Auf­klä­rungs­spots, Motto: “Sei wieder intelligent – lass das Ma­ri­hua­na­rau­chen sein”. Im Mittelpunkt steht immer ein Jugendlicher, dem das Kiffen offenbar die Hirnwindungen restlos zusammengeschmolzen hat. Ihm erklärt eine auf­munternde Stimme aus dem Off die einfachsten Alltagstätigkeiten – wie man ein Heft aus dem Schulrucksack holt, Eiswürfel zubereitet oder die Turnschuhe anzieht: “Du hast es geschafft, herzlichen Glückwunsch!” Ob’s hilft?

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/latinorama/kinder_lasst_das_kiffen_sein/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert