Wer wissen möchte, worum es in Peru wirklich geht, während im abgeschlossenen Armeehauptquartier die Abgeordneten der Weltgemeinschaft ums Klima streiten, der soll genau hinschauen, wenn er tagsüber und ohne Nebel auf dem Flughafen von Lima landet. Gleich neben dem Flughafen befindet sich der Hafen Callao, und daneben liegen die grossen Lager der Ex- und Importeure. Von oben sieht man sehr sehr viele Container mit ankommenden Waren; man sieht die Rohstoff-Lager der grossen Bergbau-Exporteure; und man sieht grosse Lagerhallen unter offenem Himmel voller eng aneinandergereihter Autos. Tausende neuer, frisch eingeführter Autos warten auf ihre Käufer in Peru.
Dass nicht wenige deutsche Autos darunter sind, bestätigt ein Besuch im Audi-Zentrum von Lima. Dort stehen herausgeputzt die Quattros, Sedans und wie sie alle heissen. Von 30.000 USD bis 200.000 USD ist alles dabei, was das Autoherz begehrt. Anders als in Ecuador oder Brasilien erhebt der peruanische Fiskus keine Sonderabgabe auf Luxusartikel.
Jedes Jahr um 100 Prozent und mehr seien die Verkäufe in den letzten Jahren gewachsen, bestätigt uns eine nette Verkäuferin. Deutsche Autos sind im Premium-Segment des peruanischen Automarktes ungeschlagen: Audi, BMW und Mercedes konkurrieren untereinander um die höchsten Verkaufszahlen. Porsche vermeldet ebenfalls Rekordverkaufszahlen. So langsam werde Peru in den Zentralen der deutschen Autohersteller als attraktives Absatzland wahrgenommen.
Die PS-Zahl dürfte in Peru allerdings kein Grund sein, einen deutschen Luxusschlitten zu kaufen. Keine Strasse Perus erlaubt ein so hohes Tempo – das sind schon die Schlaglöcher vor. Ein Auto ist in Peru halt immer noch in erster Linie Statussymbol, ist die Antwort. Wer etwas auf sich hält, oder wer seinen Erfolg zeigen will, kauft sich ein Auto, das was hermacht. Und dazu sind in einem Schwellenland wie Peru doch immer mehr Leute in der Lage.
Luxusautos sind auch ein beliebtes Mittel, um Geld aus illegalen Quellen zu waschen. Audi meldet zwar der Finanzaufsicht alle verdächtigen Kunden, aber ob dort allen Anzeigen nachgegangen wird ?
Ökologische Kriterien spielen beim Kauf keinerlei Rolle. Noch nie habe ein Kunde nach einem LPG-Gas-Motor nachgefragt. Der billigere und umweltverträglichere Gas-Motor gilt als Motor der Armen, für Hungerleider, die Taxi fahren müssen zum Überleben.
Eher ins Gewicht fällt da schon die chaotische Verkehrssituation Limas: Die Strassen sind so verstopft, dass auch der Fahrer eines teuren Autos inzwischen mehr Zeit im Stau als in freier Fahrt verbringt.
Während in Deutschland Autos an Attraktivität verlieren, profitiert die deutsche Autoindustrie von der steigenden Nachfrage in Ländern wie Peru. Ist doch schön praktisch, wenn man die Gewinne einfährt, und die Umweltkosten dafür die Bewohner anderer Länder tragen – und die tun das auch noch ganz freiwillig. Von irgendwo müssen die Steuergelder ja herkommen, mit denen in diesen Tagen die angereisten Minister Deutschland als Vorreiter in Sachen Klimaschutz darstellen.
Text: Hildegard Willer, Foto: Harald Ort
Die KLima-Reporteros sind 14 peruanische und deutsche Journalismus-Studierende und Freiwillige, die vom 1. – 12. Dezember 2014 rund um die Weltklimakonferenz aus Lima berichten werden. Das Projekt der Infostelle Peru e.v. wird unterstützt von taz.panterstiftung, Stiftung Umverteilen, Katholischer Fonds.
Ich wüsste von der taz bitte gerne, woher dieser ganze Schichten-Kram Online wie auch in der Zeitung herkommt. Die Kritik köchelt bei mir seit Langem. Die Verwendung von “Oberschicht” hier zusammen mit etwas freier Zeit führt jetzt zu diesem Kommentar.
Ähm, waren Klassenmodelle nicht Anfang 20. Jahrhundert? Alt? Überholt? Überkommene soziologische Modelle? Was soll das, wollt ihr die alten Zeiten zurück? Klassenkampf, absolute Gesellschaftsideologien reloaded? Darauf läuft es doch hinaus, wenn solche Einstellunge sich verbreiten. Hat in Russland prima geklappt, das Rollback in frühere Muster. Muss das hier auch sein? Sollen so das linke Profil der taz gestärkt werden? Mit Kram von gestern?
Wahrscheinlich ordnen euch viele taz-Autoren selbst in das Modell mit den Kategorien Oberschicht, Mittelschicht und Unterschicht ein. Selbst eine Ulrike Hermann nutzt so ein altes Modell umgangssprachlich in ihren Texten und im Presseclub. Krass. Von der taz erwarte ich eigentlich mehr.