Warum wird es in den USA nie einen Putsch geben? Weil es dort keine US-Botschaft gibt.
In Lateinamerika ist dieses Bonmot besonders beliebt. Nirgendwo haben die USA seit dem 19. Jahrhundert öfter interveniert als in ihrem Hinterhof – direkt oder indirekt.
Das war auch bei der jüngsten Krise in Bolivien der Fall: Ende August traf US-Botschafter Philip Goldberg in Santa Cruz den dortigen Gouverneur Rubén Costas. Tage später begannen die Unruhen, die das Land an den Rand eines Bürgerkriegs brachten. Letzte Woche zog Präsident Evo Morales die Notbremse und erklärte den Balkanexperten Goldberg zur Persona non grata.
Nun hat Brasiliens Präsident Lula diesen Schritt öffentlich als „korrekt“ bezeichnet. „Die Aufgabe eines Botschafters ist es nicht, innerhalb des Landes Politik zu machen,“ sagte Lula. Es sei allgemein bekannt, dass sich die US-Botschaften in mehreren Phasen der lateinamerikanischen Geschichte eingemischt hätten. Wortlaut des Fernsehinterviews hier.
Morales-Berater Pablo Solón, der bei dem jüngsten Krisengipfel der südamerikanischen Staatschefs in Santiago dabei war, berichtet: „Es wurde daran erinnert, dass andere Präsidenten ähnlich schwierige Situationen wie Evo Morales durchlebt haben – Hugo Chávez, Salvador Allende, Aristide in Haiti. So etwas darf nie wieder geschehen.“
P. S. Vor seiner Abreise am Sonntag kündigte Goldberg an, seine Ausweisung werde „ernsthafte Auswirkungen“ auf die bilateralen Beziehungen haben. Gesagt, getan: Vorgestern setzte US-Präsident George W. Bush Bolivien erstmals auf die schwarze Liste der Länder, die sich angeblich nicht ausreichend gegen den Drogenhandel engagieren. Bolivien habe „erwiesenermaßen versagt“ – wie sonst nur noch Venezuela und Burma.
Womit man mal wieder sehen kann, dass die Operationen und Gelder des Westens (hier v.a. die USA, aber eben auch die EU), die offiziell unter dem Dach „Antidrogenbekämpfung“ laufen, nichts anderes als Politik mit anderen Mitteln ist.
Diese Augenwischerei konnte man schon beim Plan Colombia wiederfinden, wo durch militärische, logistische und finanzielle Hilfe gegen die inländische Opposition FARC/ELN mobil gemacht wird. Auch der Anschlag der kolumbianischen Armee auf ein FARC-Lager in der Nacht zum 1. März diesen Jahres wäre ohne US-amerikanische Hilfe nicht möglich geworden (s. Spionagesatelliten).
Unter dem Deckmantel der Antidrogenpolitik wird interessengeleitete Politik betrieben, die für Destabilisierung in der Region sorgen soll. Damit man einzelne Länder hernach gezielt aus der Unasur (oder anderen regionalen Bündnissen) mit den Versprechungen des Schutzes und bilateraler Abkommen locken kann. Die moralische Totschlagkeule wird geschwungen, um einen demokratischen Staat zu diffamieren, dessen Bevölkerung man auf anderem Wege nicht Herr wird.