„Ich bin kein Freund von Putschen, von Putschisten und hätte einen Regierungswechsel nach Wahlen besser gefunden“, sagte Dirk Niebel letzte Woche vor dem Menschenrechtsausschuss des Bundestags.
Rechtsliberale unter sich: Niebel (rechts) war der erste Staatsgast von Federico Franco (ganz rechts)
Inzwischen haben Mercosur und Unasur Paraguay suspendiert, doch die deutsche Regierung drückt sich immer noch um eine klare Verurteilung des „sanften Putsches“ (Cristina Fernández de Kirchner) herum.
Der Grüne MdB Thilo Hoppe bezeichnet den Ausschluss Paraguays als „wichtiges Signal für die Welt und in die Richtung Europas und der deutschen Regierung: Die Frage, ob das blitzartige Amtsenthebungsverfahren nach demokratischen Spielregeln verlaufen ist, ist von den Nachbarstaaten und Bündnispartnern Paraguays mit ‚Nein‘ beantwortet worden“ und fordert: „Darauf sollte die EU reagieren, indem es Südamerika seine Unterstützung öffentlich zusagt“.
Hoppe weiter:
Die Ereignisse der letzten Tage in Paraguay werfen Fragen auf und zeigen deutlich eine politische Kluft zwischen einigen lateinamerikanischen Staaten und Deutschland bzw. der EU. Während erstere ihre Botschafter aus Paraguay abrufen, zeigt sich Deutschland in der Person Niebels in einer Front mit Spanien, Kanada und dem Vatikanstaat und legt mit seinem Besuch eine Anerkennung der neuen Regierung nah. Nun ist es an Außenminister Westerwelle, den Fehler seines Parteikollegen auszubügeln und sich im Namen der Demokratie hinter die Entscheidung der Südamerikanischen Staatengemeinschaft zu stellen.
Ob es wirklich dazu kommt? In Lateinamerika jedenfalls wurde Niebels Positionierung aufmerksam registriert. Dafür, dass es mehr war als ein „Patzer“ (Spiegel Online), ein Tritt ins „Fettnäpfchen“ (Focus) oder auch ein „Fauxpas“ (Hoppe), spricht die strategische Nähe der deutschen Liberalen zu Putschisten auch in Honduras oder Thailand, wie in einer Analyse des linken Think-Tanks German Foreign Policy überzeugend nachgewiesen wird. Hier das Fazit:
In Thailand diente der Putsch von 2006 wie der honduranische Staatsstreich von 2009 und der aktuelle Umsturz in Paraguay der Machtsicherung einer kleinen, mit dem Westen kooperierenden Oligarchie, die ihren Einfluss und ihren Wohlstand gegen aufbegehrende Massen zu sichern suchte. Zuverlässige Verbündete finden derartige Eliten regelmäßig in der Naumann-Stiftung und jetzt auch im Berliner Entwicklungsministerium.
Besonders gerne setzen sich Lateinamerikas Oligarchen auf jenen Klatschseiten in Szene, auf die bis heute kaum eine „seriöse“ Tageszeitung verzichten möchte. So verwundert es kaum, dass auch Niebel auf der Sociales-Seite von La Nación aus Asunción auftaucht. Manch einer der erlauchten Gäste dürfte mit den „feinen Getränken“ in der Residenz des deutschen Botschafters auf den Putsch angestoßen haben.
Na Lugo war auf jeden Fall für viele eine Enttäuschung, auch wenn die „zig minderjährigen Frauen“ wohl übertrieben sind: Soweit ich weiß hat er zwei der Vorwürfe anerkannt, minderjährig war jedoch keine der Damen.
Verfassungstreu ist aber so ein Ding: Die paraguayische Verfassung schreibt keinen Zeitraum für das „juicio politico“ vor, doch 24 Stunden zwischen Anklage und Urteilsspruch sind doch wohl etwas knapp. Außerdem ist der Vorwurf „schlechte Amtsführung“ auch ein sehr weiter Begriff.
Ich würde ferner generell in Frage stellen, ob das Parlament den direkt durchs Volk gewählten Präsidenten einfach so abwählen können soll, v.a. in solch einem klientelistischem Land, in dem 90% aller Parlamentssitze den konservativen, traditionellen Parteien zufallen.