vonGerhard Dilger 07.06.2011

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Südamerikas Linke darf sich über den Wahlsieg von Ollanta Humala in Peru freuen.

Es ist eingetreten, womit vor Monaten kaum jemand gerechnet hatte: Die durch und durch neoliberale, stark auf die USA ausgerichtete Pazifikachse, die zwei Jahrzehnte lang von Chile über Peru nach Kolumbien reichte, hat einen kleinen Riss bekommen. Unter Humala wird sich Peru stärker am Projekt einer Integration Südamerikas unter sozialem Vorzeichen beteiligen, das unter der Führung Brasiliens langsam Formen annimmt.

Von der Autokratentochter Keiko Fujimori hatten sich in- und ausländische Kapitalinteressen eine noch autoritärere Version eines Systems versprochen, durch die die Ressourcen des Andenlandes immer ungehemmter verscherbelt wurden. Inzwischen sind nahezu sämtliche Öl- und Bergbaureserven zur Ausbeutung freigegeben, doch beim Volk kam von den astronomischen Wachstumsraten kaum etwas an.

Auch deshalb ist die ehedem linke Apra-Partei von Nochpräsident Alan García von der Bildfläche verschwunden. Mehr noch: Die vier Kandidaten, die allesamt eine Fortsetzung seines Kurses versprochen hatten, sind trotz einer massiven Anti-Humala-Kampagne in den Medien geschlagen.

Nun ist der Wahlsieger, ein Exmilitär mit recht bunter Entourage, nicht gerade ein klassischer linker Hoffnungsträger. Anders auch als etliche seiner künftigen Kollegen hatte Humala nie eine starke soziale Bewegung im Rücken. Er wird zu erheblichen Kompromissen mit den wirklich Mächtigen gezwungen sein.

Schon deshalb kann man bestenfalls allmähliche Kurskorrekturen erwarten: mehr Achtung der Menschenrechte, eine Zähmung des exportgetriebenen Kapitalismus durch einen aktiveren Staat, eine etwas gerechtere Verteilung der Rohstofferlöse zugunsten der Armen. Es wäre eine weitere Spielart des sozialdemokratischen Wegs, den Südamerikas Linke im letzten Jahrzehnt eingeschlagen hat.

taz, 7.6.11, Foto: dpa

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