vonGerhard Dilger 28.06.2012

latin@rama

Seit 2008 Nachrichten vom anderen Ende der Welt und anderswoher.

Mehr über diesen Blog

Weil in den Industrieländern immer mehr Fleisch konsumiert wird, müssen Kleinbauern in Paraguay noch härter um ihr Land kämpfen. Die Pflanzen des Futtermittels Soja bedecken bereits drei Viertel der landwirtschaftlichen Fläche, Tendenz steigend.

Auf den ersten Blick wirkt alles friedlich. Beiderseits einer gut geteerten Schnellstraße erstrecken sich Dutzende Bretterbuden, einige sind mit einer rot-weiß-blauen Nationalfahne geschmückt. Dahinter ein Schulgebäude mit drei engen Klassenzimmern und ein Fußballfeld. Doch wie vielerorts in Paraguays östlicher Provinz Itapúa hausen in den rudimentären Hütten Landlose. Etliche der 130 Familien an diesem Straßenabschnitt leben seit 13 Jahren hier. Direkt an die Hütten grenzt das 2.500 Hektar große Anwesen eines „Brasiguayos“, eines schon lange in Paraguay ansässigen brasilianischen Sojafarmers.

Wegen der boomenden Weltmarktpreise für Soja tobt der Landkonflikt zwischen den Großgrundbesitzern und den Kleinbauern erbitterter denn je. In der vergangene Woche wurde das größte Problem des südamerikanischen Landes zum Fallstrick für den linken Präsidenten Fernando Lugo. Weil bei der gewaltsamen Räumung einer von Landlosen besetzten Farm Mitte Juni elf Bauern und sechs Polizisten getötet wurden, enthob das Parlament Lugo in einem Schnellverfahren von seinem Posten.

Zwar liegen die genauen Umstände für die Räumung, bei der auch 80 Menschen verletzt wurden, noch im Dunkeln. Doch für die Abgeordneten der traditionellen Mitte-Rechts-Parteien Colorados und Liberale bot sich die Gelegenheit, den ungeliebten Ex-Bischof loszuwerden.

„Der Brasilianer hat sich seine Landtitel betrügerisch erschlichen“, sagt Aurelio Bustamante, der Sprecher der Siedlung in Itapúa.

Über den Landtitel wird seit Jahren in der Justiz gestritten, der Sojafarmer soll ihn noch während der Diktatur von General Alfredo Stroessner (1954-89) von korrupten Beamten erhalten haben. Beim Grundstück des hohen Politikers von Stroessners Colorado-Partei, auf dem vor zwei Wochen das Massaker stattfand, war dies ebenso.

Die Agrarlobby hat eine Besteuerung der Exporte wie im benachbarten Argentinien bisher verhindert, ebenso eine Landreform. Der fortschrittliche, aber schwache Präsident Lugo wurde nicht gestürzt, weil er den Agrariern gefährlich geworden wäre. Vielmehr wollen sich Colorados und Liberale eine gute Ausgangsposition für die Wahlen im April 2013 verschaffen.

Unaufhaltsam rückt die Sojafront weiter vor. Das Heer der Landlosen schwillt an, Zehntausende hausen in Zeltlagern oder ziehen in die Elendsviertel der Städte. Das Sechs-Millionen-Land Paraguay ist der viertgrößte Sojaexporteur der Welt. Die riesigen Felder mit den proteinhaltigen Bohnen machen bereits drei Viertel der gesamten Nutzfläche aus.

Nicht nur brasilianische Farmer profitieren davon, sondern auch die Agrarmultis Monsanto, Syngenta, Cargill, ADM oder Bunge sowie Spekulanten und Investoren aus Übersee. So ist DWS, ein Agrarfonds der Deutschen Bank, am argentinischen Konzern Cresud beteiligt. Cresud wiederum besitzt Zehntausende Hektar Land in Paraguay, ebenso in Brasilien und Bolivien.

Exportiert wird das Futtermittel Soja zu zwei Dritteln nach Europa, auch Agrodiesel auf Sojabasis wird immer populärer. Doch nicht nur auf die Artenvielfalt, sondern auch auf die Gesundheit der Landbevölkerung wirken sich die riesigen Gensoja-Monokulturen fatal aus.

Wegen der wachsenden Resistenz von Unkraut gegen das Herbizid Roundup des US-Gen-Saatgutherstellers Monsanto oder seine chinesischen Imitate wird immer mehr versprüht, Tausende Kleinbauern werden durch die Schwaden oder Rückstände in Bächen vergiftet. Juana Cuba aus der Landlosensiedlung in Itapúa hat eine Totgeburt hinter sich. „Das kann an den Besprühungen liegen“, vermutet die 31-Jährige.

Was können die Verbraucher in Europa tun? Bernd Bornhorst vom katholischen Hilfswerk Misereor, das in Paraguay Kleinbauern und Indígenas beim Biolandbau unterstützt, fordert eine generelle Verringerung des Fleischkonsums sowie eine grundlegende Änderung der EU-Agrar- und Handelspolitik. „Die Gensoja-Importe müssten vollständig gestoppt werden“, ist der Entwicklungsexperte überzeugt.

Unbedingt empfehlenswert zum Thema  ist der neue Dokumentarfilm Raising Resistance.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=1o5rK-2NhMA[/youtube]

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/latinorama/paraguay-der-sojaboom-und-der-putsch/

aktuell auf taz.de

kommentare

  • @Udo Henn
    warum Schwachsinn? Zu diesen Behauptungen gibt es wissenschafliche Quellen, auch Udo Pollmer hat in der Soja Story alle WISSENSCHAFTLICHE Quellen angeben und warnt vor dem Verzehr von Tofu und klärt über Soja auf.

    Außerdem liebe Redaktion sind Kühe WIEDERKÄUER und können KEIN!!! Soja vertragen!!!! Sie würde sterben. Peinlich liebe Redaktion! Müsste man doch wissen? Oder?

    Meines Wissens warnt sogar das Bundesgesundheitsamt Babys und Kindern Soja und Tofu Produkte zu geben.

    Vielleicht googlen sie einfach mal Soja und Sondergiftmüll oder Udo Pollmer. 20.000 Ergibnisse zu Sondergiftmüll.

    Gehören Sie zur Soja Propaganda?

  • Und dass, wo doch Soja so „gesund“ ist…

    Aber die Menschenfreunde wissen sicherlich, was sie da tun. Ganz sicher. Todsicher.

    „Soja = Sondergiftmüll

    Die angeblich „gesundheitsfördernden“ Eigenschaften der Sojabohne sind eine Erfindung und Lüge des monströsen U.S.-Agrobusiness, eine skrupellose Marketing-Strategie der gigantischen Gentech-Industrie (Monsanto & Co.). Soja und die meisten Produkte sind höchst gesundheitsschädigend bis krebsauslösend!“

    http://www.mmnews.de/index.php/i-news/9344-soja-sondergiftmuell

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert