vonClaudius Prößer 27.08.2008

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Unbedingt ansehen: Nur noch bis zum 2. September ist der, wie ich finde, hervorragende US-Dokumentarfilm “The Judge and the General” im Netz abrufbar. Die für den Public Broadcasting Service (PBS) produzierte Doku beschreibt, wie der chilenische Richter Juan Guzmán ab 1998 und bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2005 gegen Augusto Pinochet und andere Täter der Militärdiktatur ermittelte. Guzmán hatte 1998 eine Sammelklage von Angehörigen Ermordeter und Verschleppter übernommen, nicht weil er sich besonders dafür interessiert hätte, sondern weil es das interne Turnusverfahren des Gerichtshofs so ergab.

Die eigentliche Geschichte, die der Film erzählt, steckt denn auch weniger in der Tatsache, dass Guzmán erreicht hat, die Selbstamnestie der Militärs aufzuhebeln (was spannend genug ist), sondern in seiner Wandlung von einem stillen Befürworter des Pinochet-Regimes hin zu einem seiner gefährlichsten Verfolger. Der Richter, der weite Teile der Doku aus dem Off in sauberem Englisch selbst kommentiert, ist ein Schöngeist, ein Mann mit Siegelring und Manschetten, ein Antiquitätensammler. Einer, der ursprünglich Diplomat werden wollte. Die Begegnung mit den Opfern der Diktatur und die Indizien der fürchterlichen Verbrechen, die er im Laufe der Ermittlungen findet, öffnen ihm die Augen für eine Geschichte der Unmenschlichkeit, die er vorher völlig ausgeblendet hatte. “Ich hätte nie gedacht, dass unsere ehrenhafte Armee in solche Vorgänge verwickelt gewesen wäre”, sagt Guzmán, “ich hatte das immer für kommunistische Propaganda gehalten.”

Die Autoren des Films haben sich auf zwei Fälle konzentriert, in denen Juan Guzmán ermittelt hat: eine als Unfall kaschierte Hinrichtung im Rahmen der sogenannten Caravana de la Muerte sowie Folterung, Tötung und Verschwindenlassen zweier junger MIR-Aktivisten. Besonders perfide im letzteren Fall das Vorgehen des militärischen Geheimdienstes, der DINA: Die Agenten zwangen die Mutter der Ermordeten, den Aufenthaltsort des Paars preiszugeben, indem sie damit drohten, ihr die Enkelin – die Tochter der Ermordeten – wegzunehmen. “Ich hatte die Abgründe der menschlichen Natur durch die Literatur kennen gelernt”, sagt Guzmán, “aber so viel Bösem hatte ich selbst nie ins Auge gesehen.” Bei seiner Ermittlungsarbeit, etwa wenn er sich im forensischen Institut erklären lässt, weshalb die Bruchstellen am Schädel eines exhumierten Opfers auf eine Schussverletzung hinweisen, wirkt Guzmán hoch konzentriert, professionell interessiert, eher unbewegt. Seine Gegner haben ihm Profilierungssucht vorgeworfen, dieser Film belegt das nicht.

Kaum auszuhalten ist eine Szene, die den “Guatón Romo”, den zu lebenslänglicher Haft verurteilten und im vergangenen Jahr gestorbenen Folterer Osvaldo Romo im Gefängnis zeigt: ein schmuddeliger, untersetzter Mann, der das Knastessen gierig in sich hineinschaufelt und kein Problem damit hat, die von ihm praktizierten Methoden zu erklären. Wie gesagt: unbedingt ansehen.

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kommentare

  • war letztens bei einer abendverantstaltung zu der doku, wo der richter und die regiseure diskutiert und fragen beantwortet haben. ein zuschauerkommentar zeigte unverständnis darüber wie der richter all die jahre so blind sein konnte und dann ganz naiv leichen auf einschusswunden untersuchte während es so vielen leuten schon vor 35 jahren schon offensichtlich war was da passierte.

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