Nicaraguas Regierung drangsaliert die letzten unabhängigen Medien und verbietet neun Menschenrechtsorganisationen, darunter Partner von medico international und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Am 13. Dezember wurden der Fundación Popol Na und der Fundación del Río die Rechtsfähigkeit entzogen. Für die langjährigen Partnerorganisationen der Rosa-Luxemburg-Stiftung bedeutet der Lizenzentzug, dass sie nicht weiter tätig sein dürfen. Ihre Büros wurden geschlossen. Zudem wurden ihre Gelder, die beweglichen Güter und Immobilien konfisziert. Besonders dramatische Folgen könnte das für ein Gesundheitszentrum haben, das von der Fundación Popol Na betrieben wird und sozial marginalisierte Mütter und Kinder betreut. Die Fundación del Río ist ein zentraler Akteur gegen das interozeanische Kanalprojekt, wodurch das wichtige Naturschutzgebiet «Indio Maiz» im Süden Nicaraguas zerstört werden würde – mit verheerenden ökologischen und sozialen Folgen für die gesamte Region.
Dieser Vorgang reiht sich ein in eine Vielzahl von Repressionsmaßnahmen, mit denen die Regierung die landesweiten Oppositionsproteste zu schwächen versucht. Nachdem die Regierung zunächst Einzelpersonen verfolgt und ein Demonstrationsverbot verhängt hatte, begann sie vor zwei Wochen, den ersten Organisationen ihre Tätigkeit zu untersagen.
Die Interamerikanische Menschenrechtsorganisation (CIDH), das Europaparlament und eine Vielzahl internationaler Organisationen verurteilen die Regierungsgewalt und fordern, den Dialog aufzunehmen, um gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
Die Rosa-Luxemburg-Stiftung schließt sich dieser Forderung an. Die erzwungene Einstellung der Arbeit ihrer langjährigen Partnerorganisationen ist inakzeptabel und ein herber Rückschlag für die gemeinsame politische Bildungsarbeit und den Kampf gegen Großbauprojekte.
Daniel Ortega no dirige una revolución democrática, al contrario, imponiendo medidas neoliberales y conservadoras sobre su pueblo, construye una tiranía. El sueño sandinista aún está por construirse. https://t.co/mAOvyIhMRc
— Gustavo Petro (@petrogustavo) December 15, 2018
Kolumbiens Linkspolitiker Gustavo Petro: „Daniel Ortega (…) errichtet eine Tyrannei“
Innerhalb von zwei Wochen wurde auch zwei wichtige medico-Partnerorganisationen in Nicaragua verboten.
Der Gesundheitsorganisation Cisas, die sich seit vielen Jahren insbesondere für Frauen-Gesundheitsrechte einsetzt, und der seit 28 Jahren tätigen Menschenrechtsorganisation CENIDH ist per Parlamentsbeschluss die juristische Person und damit der legale Status entzogen worden. Innerhalb von 15 Tagen, müssen die Partner, die zwischenzeitlich auch durch Mittel des deutschen Bundesministeriums für Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert wurden, sich auflösen. Ihre Mittel fallen an den nicaraguanischen Staat. Die Direktorin von Cisas, Ana Quirós, die neben der nicaraguanischen die costaricanische Staatsangehörigkeit besitzt, wurde des Landes verwiesen.
„Diese Verbote zivilgesellschaftlicher Organisationen durch die Ortega-Regierung, die Parlament, Justiz und Militär kontrolliert, sind eine dramatische Zuspitzung in der Auseinandersetzung um eine demokratische Zukunft Nicaraguas“, so der Lateinamerika-Referent von medico international, Moritz Krawinkel. Krawinkel, der sich erst kürzlich ein Bild über die Lage vor Ort machen konnte, befürchtet, dass dies auch Konsequenzen für die zumeist jugendlichen politischen Gefangenen hat, denen zum Teil jahrzehntelange Haftstrafen drohen. Die nun verbotene Menschenrechtsorganisation CENIDH zählt über 600 politische Gefangene, die zum Teil im alten Foltergefängnis des Diktators Somoza „El Chipote“ unter unerträglichen Bedingungen einsitzen.
Die Gefangenen hatten an den großen Protesten gegen das Ortega-Regime im Frühjahr und Sommer diesen Jahres teilgenommen, die mit Waffengewalt niedergeschlagen wurden. Dabei wurden vom medico-Partner CENIDH schwere Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. „Die Ortega-Regierung verfolgt eine brutale Unterwerfungsstrategie gegen die demokratische Oppositionsbewegung im Land, die die Unterstützung von einem großen Teil der Bevölkerung genießt“, erklärte Krawinkel. Es sei dringend nötig, dass auch die Bundesregierung deutlich gegen diese Repression protestiere und sich für den Schutz der Menschenrechte und der kritischen zivilgesellschaftlichen Organisationen in Nicaragua einsetze. Man dürfe dieser Missachtung demokratischer Rechte und der politischen Verfolgung durch eine Diktatur nicht tatenlos zusehen.
Für Hintergrundinformationen lesen Sie ausführliche Berichte zur Situation in Nicaragua unter www.medico.de/nicaragua.
taz-Interview mit Mónica Baltodano (Popol Na)
Video-Stellungnahmen der RLS-Partner vom 13. Dezember 2019 auf Facebook: