Alle kehren zurück, beginnt ein bekanntes peruanisches Lied. Der Titel könnte auch für die Wahlkampagne 2011 stehen. Auf der politischen Bühne machen sich die Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen am 10. April bereit, und, siehe da, es sind alles alte Bekannte: Alejandro Toledo, peruanischer Präsident 2001-2006; Ollanta Humala, der 2006 die Wahlen knapp gegen Alan García verloren hat; Luis Castañeda, bis vor kurzem Bürgermeister von Lima; Keiko Fujimori, die Tochter des verhafteten ExPräsidenten Alberto Fujimori, sowie Pedro Pablo Kuczynski, Wirtschafts- und Premierminister in der Toledo-Regierung: sie alle wollen am 10. April von den Peruanerinnen und Peruanern gewählt werden.
Die besten Chancen hat gemäß den Umfragen Alejandro Toledo. Er hatte sich vor 10 Jahren um die Rückkehr Perus zur Demokratie verdient gemacht, hat Fujimoris liberales Wirtschaftsprogramm weitergeführt und die Grundlagen für das anhaltende Wirtschaftswachstum gelegt. Trotz dieser unbestrittenen Erfolge wurde Alejandro Toledo während seiner Präsidentschaft viel gescholten und wenig geliebt. Zu liederlich, zu wenig charakterfest, zu peruanisch aussehend, war er für viele Peruaner, denen Jahrhunderte lang eingeimpft wurde, dass das Heil weißhäutig und möglichst europäisch daherkommt.
Der Alejandro Toledo, der sich am Morgen des 27. Januar der Auslandspresse präsentiert, erinnert an einen in die Jahre gekommenen Hollywood-Star, der sich nach einer durchzechten Nacht eben frisch gemacht hat: nasses (oder frisch gegeltes) Haar, offener Hemdkragen, fehlt nur die spiegelnde Sonnenbrille und das Goldkettchen zum Mel Gibson-Verschnitt. Er habe eine Schuld offen mit seinem Land, verkündet Toledo mit gewohnt pompöser Stimme: das Wachstum, das in seiner ersten Regierung begonnen habe, müsse nun verteilt und allen Peruanern zu Gute kommen. Die Bildung sei deswegen sein erster Regierungspfeiler: 20% des Haushaltes bzw. 6% des BIP.
Weitere Vorhaben: Industrialisierung, Umverteilung, Justizreform, Umwelt. Sein Plan klingt gut und seine Worte werden immer feierlicher. „Aggressive Investition“ und „zutiefst entschlossen“ sind seine Lieblingsworte, wie um mit ihnen vergessen zu lassen, dass es während seiner ersten Präsidentschaft eben daran mangelte. Warum er eigentlich in die Politik zurückgekehrt sei, fragt ihn ein Journalist, warum er sich das wieder antun wolle, die Schmähungen, die Hetzkampagnen etc, die ihm in seiner ersten Regierung widerfahren sind.
Toledo holt tief Luft. Redet davon, wie schön er sich im kalifornischen Stanford eingerichtet hatte, wo er nach seiner Präsidentschaft lehrend überwinterte. Aber „jeder hat seine Verrücktheiten im Leben“ , sagt er. „ In meiner ersten Regierung habe ich das Wachstum in Gang gesetzt, nun möchte ich es gerecht verteilen“. Eines ist auf jeden Fall klar: Toledos Ego hat in Stanford bestens überwintert. Und angesichts der letzten 5 Jahre mit Alan Garcia in der Regierung, erscheint die Regierung Alejandro Toledos vielen Peruanern auf einmal in einem milderen Licht: weder wurde er der Korruption noch des Autoritarismus bezichtigt.
Ein zweiter Kandidat ist auf die politische Bühne zurückgekehrt: Ollanta Humala. Der tapfere Fallschirmspringer, der vor 10 Jahren mit einer Operettenrevolte gegen Alberto Fujimori zum jungen Nationalhelden aufstieg, und der es vor fünf Jahren mit einem linken Programm fast an die Macht schaffte. Zum Verhängnis wurde ihm damals das rote T-Shirt und ein Diskurs, der doch verdächtig an den Venezolaner Hugo Chávez erinnerte. Und Hugo Chávez mochte man in Peru noch nie, selbst die Linke nicht.
Humala hat daraus gelernt. Zur Pressekonferenz am 22. Januar kommt er in Anzug und – im Gegensatz zu Toledo – in Krawatte und äußerst pünktlich. Ernsthaft sieht er aus, eben ist er zum dritten Mal Vater geworden, seine Worte klingen gesetzt und ruhig. Kein junger Revolutionär , sondern ein gesetzter mittelständischer Familienvater sitzt da vor uns. Genauso ist auch sein Diskurs. Seine Grundpfeiler ähneln Toledos Plan: Bildung, Kampf gegen Korruption, Investition in Infrastruktur, Gesundheit.
Die Worte „Wachstum“ und „Unternehmer“ kommen in jedem zweiten Satz vor. Sein Nationalismus, unter dessen Flagge er vor fünf Jahre segelte, ist ein kultureller Nationalismus, betont er. Unternehmer: ihr braucht keine Angst vor Verstaatlichungen zu haben, lautet die Botschaft. Alles in allem ein gewandelter, ernsthafter Humala. Auf seiner Kongressliste steht die Creme de la Creme der peruanischen Linken und einige alte Bekannte: Nicolás Lynch, Alberto Adrianzén, Javier Diez Canseco. Und ich frage mich: wenn dies das Äußerste ist, was die peruanische Linke zu bieten hat, dann ist es um die Linke wirklich arm bestellt.
Aber die Zeiten in Peru sind nicht nach links: Peru atmet zum ersten Mal nach vielen Jahren Selbstbewusstsein, das Wirtschaftswachstum spritzt aus allen Poren (auch wenn es noch bei viel zu wenigen unten ankommt), dazu der Boom der Gastronomie, und jetzt hat Vargas Llosa auch noch den Nobelpreis gewonnen….. was können angesichts dieser Bonanza die Linken den Peruanern noch an Heil versprechen ? Das hat sich wohl auch Humala gesagt und versucht, sich nun im umkämpften Mitte-Links-Feld zu positionieren.
Nächste Woche ist PPK dran. Der Vertreter des Wall-Street-Finanzimperiums in Peru, Pedro Pablo Kuczynski, wird sich dann der Auslandspresse stellen.
Fotos: dpa
Kapital ist für de Soto ein Fetisch – sagen andere. Grundbesitz braucht einen Titel. Und das mit dem Handelswert einer Hütte/eines Hauses in einer ‘favela’ (evtl. noch an einem Abhang gelegen) ist sicher so ne Sache.
De Soto “wirkt” aber nun nicht nur im urbanen Bereich, sondern äußerte sich in den letzten Jahren auch zu Peru, Amazonien und dem dortigen Kapital, was “Einige” “ignorieren”. –> ‘El misterio del capital de los indígenas amazónicos’.
Letztlich will De Soto Privatbesitz ermöglichen (in diese Richtung hat Fujimori in den 1990ern auch schon gearbeitet), das wollen aber nicht Alle (in vollem Umfang). Und nur weil diese sich weigern, sind sie immer noch nicht arm oder sehen sich als arm: Kollektives als Reichtum, mit dem man nicht handeln möchte.