Am Mittwoch Mittag gingen Einheiten der bolivianischen Polizei mit Traenengas und Knueppeln gegen arbeitende Kinder vor, die vor das Parlament ziehen wollten, um gegen Abschnitte des im Parlament verhandelten neuen Kinder- und Jugendgesetzes zu protestieren. Statt Schutzmassnahmen fuer Kinder unter 12 Jahren vorzusehen, wie von den organisierten arbeitenden Kindern gefordert, wird deren Erwerbstaetigkeit im Gesetzesentwurf verboten. Nach Mobilisierungen hatten die arbeitenden Kinder erreicht, dass die Verfassung ausdruecklich zwischen Ausbeutung und anderen Formen der Kinderarbeit unterscheidet. Obwohl die Kinder im Vorfeld angehoert wurden, seien ihre Vorschlaege von der Parlamentskommission nicht beruecksichtigt worden.
Deshalb forderten die arbeitenden Kinder in den ersten Reaktionen den Ruecktritt des Vorsitzenden der Kinderkommission des Parlaments, Javier Zavaleta. Erst nach Intervention des bolivianischen Ombudsmannes war Zavaleta nach den Auseinandersetzungen bereit, sich mit den Kindern zu treffen. Er verweist darauf, dass Jugendliche ab 14 laut Gesetzentwurf das Recht haben zu arbeiten, und 12- bis 14-Jaehrigen dies immerhin mit Genehmigung der Kinderschutzbueros und Eltern unter angemessenen Bedingungen genehmigt werden koenne.
„Was soll mit den Zehnjaehrigen, den Neunjaehrigen, den Achtjaehrigen geschehen“, die Geld verdienen muessten, antwortete ein Junge, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur Fides, „das Gesetz schuetzt sie nicht!“ Die wuerden so lange arbeiten koennen, bis Bildungs-, Gesundheits- und Wohnungsprogramme ihre Arbeit ueberfluessig machen, so Zavaleta. Er geht von gerade einmal 10.000 der geschaetzten etwa 800.000 erwerbstaetiger Kinder und Jugendlicher aus, die wirklich auf die Arbeit angewiesen seien.
Nach Informationen von Fanny Huanca von ADIA, der Elternorganisation „Vereinigung fuer die Rechte von Kindern und Jugendlichen“ in La Paz, wurde bei dem Polizeiensatz vor den Tueren des Parlaments ein Maedchen ohnmaechtig. Zwei Jugendliche wurden mit Verletzungen verletzt ins Krankenhaus gebracht. Man werde die Polizei um entsprechende Berichte bitten, so Zavaleta, der hoffe, dass die Polizei sich klar werde, dass gegenueber unter 18-Jaehrigen „gewisse Sorgsamkeit“ angebracht sei. Dies waere auch in anderen Fragen der aktuellen Gesetzesdebatte angebracht, bei der zum Beispiel darum gestritten wird, ob kuenftig 14-jaehrige Straftaeter ins Gefaengnis geschickt werden sollen, statt die bisherige Altersgrenze von 16 zu erhoehen.
Nachtrag 20.12.2013:
Nach Protesten im In- und Unterstuetzungsschreiben aus dem Ausland, sowie grosser Resonanz in nationalen und internationalen Medien, trafen sich am Donnerstag Delegierte der Organisation arbeitender Kinder Boliviens UNATSBO u.a. mit der Senatspraesidenten Gabriela Montaño. Um einen gemeinsamen Diskussionsprozess zu ermoeglichen, wird die Entscheidung in den Januar verschoben und wurden Treffen mit Delegierten der Union Arbietender Kinder Boliviens aus allen Landesteilen vereinbart. Die UNATSBO ihrerseits verzichtet solange auf weitere Protestmassnahmen.
Nachtrag 23.12.2013
Am heutigen Montag wurde eine Delegation der Organisation arbeitender Kinder vom Praesidenten Evo Morales empfangen, der sich sehr besorgt ueber die Ereignisse am Mitwoch aeusserte. Arbeitende Kinder muessten geschuetzt werden, kommentierte anschliessend die Nachrichtenagentur der Regierung ABI die Position des Praesidenten. Die Arbeit zu verbieten, wuerde nur zu geheimer unkontrollierter Taetigkeit fuehren, was schlimmer fuer die Kinder waere. Viele Kinder seien auf das Einkommen angewiesen und viele erreichten mit Hilfe ihrer Arbeit den Abitursabschluss. Die Chancen zu lernen, muessten garantiert und Ausbeutung verhindert werden, liess Morales in Uebereinstimmung mit den Forderungen der Kinder verlauten.
“ Er werde uns bedingungslos bei dem Thema des Kinder- und Jugendgesetzes unterstuetzten“, berichtete Armando Manani von der Union Arbeitender Kinder Boliviens UNATSBO, nach dem Gespraech. „Denn er ist selbst ein arbeitendes Kind gewesen, so wie wir.“
Fotos: Los Tiempos (Repression) und Red Erbol (Senatorin Montaño im Gespraech mit der UNATSBO Delegierten aus Potosí)
[…] wurde ein neues Kinder- und Jugendgesetz verhandelt, das Kinderarbeit pauschal verbieten sollte (siehe damaliger latinorama blog). Seitdem ist viel passiert. Es gab mehrere Sitzungen mit Abgeordneten von Parlament und Senat, der […]