Am 10. April wählen die Peruanerinnen und Peruaner in der ersten Wahlrunde ihren neuen Präsidenten oder Präsidentin. Viele altbekannte und ein paar neue Kandidaten rissen niemanden vom Hocker, bis die staatliche Wahlbehörde die Karten neu mischte…Während alle peruanischen Regierungen seit 1990 den wirtschaftspolitischen Autopiloten auf neoliberal einstellten, sind die Institutionen und die politischen Parteien weit weniger gewachsen als die Wirtschaft.
Im Gegenteil: jeder Peruaner oder Peruanerin, die sich selber für präsidentiabel hält und eine Unterstützergruppe um sich scharen kann, darf im Wahlkampf ins Rennen gehen. Sofern sie die Vorschriften der Nationalen Wahlbehörde einhält. Die hat nun knapp vier Wochen vor den Wahlen die beiden aussichtsreichen „Newcomer“ Julio Guzmán und César Acunha wegen Verstössen gegen das Wahlgesetz aus dem Rennen genommen. Zurück bleiben – bisher, denn es liegen weitere Anzeigen der Wahlbehörde vor – drei Polit-Dinosaurier und zwei relative Neulinge, die nach den letzten Umfragen die Wahl unter sich entscheiden werden. Wir stellen die aussichtsreichsten Kandidaten in der Reihenfolge der Präferenz der letzten Wählerumfragen vor:
Die Tochter des ehemaligen Präsidenten Alberto Fujimori gehört trotz ihrer 40 jugendlichen Jahre zu den politischen Dinosauriern Perus. Mit 19 avancierte sie zur First Lady Perus an der Seite ihres Vaters, nachdem dieser Mutter Susana Higuchi aus dem Präsidentenpalast geschmissen hatte. Danach studierte sie an einer teuren Privatuniversität in den USA – wahrscheinlich auf Kosten der peruanischen Steuerzahler. Seit neun Jahren sitzt ihr Vater Alberto Fujimori wegen Verbrechen gegen die Menschenrechte im Gefängnis, genauso lang versucht Keiko Fujimori an die Macht zu gelangen. Vornehmlich um den Papa amnestieren zu können.
Keiko Fujimori kann auf eine gut organisierte und eingeschworene Wählerschaft zählen, sie führt mit rund 30% die Umfragen souverän an. Allerdings hat sie auch einen festen Stamm an Anti-Wählern, wie die Anti-Keiko-Protestmärsche der letzten Wochen bezeugen. Und um Präsidentin zu werden, muss sie im 2. Wahlgang mindestens 50% der Stimmen hinter sich vereinen. Kein einfaches Unterfangen.
Vielleicht darf sie am 10. April auch gar nicht antreten: Gegen die Partei Keiko Fujimoris ermittelt die peruanische Wahlbehörde wegen Stimmenkaufs. In den nächsten Tagen entscheidet sich, ob sie im Rennen bleibt.
Ist mit seinen 78 Jahren der wahre Polit-Dinosaurier. War bereits Minister (1966), als seine beiden Mitkonkurrentinnen noch gar nicht geboren waren. Gilt als Vertreter der Grossindustrie und der multinationalen Unternehmen. War Premierminister unter Alejandro Toledo und wollte es vor fünf Jahren nochmal wissen: bei den Präsidentschaftswahlen 2011 wurde er überraschend Dritter. Seine PPK zieht vor allem Technokraten und Mittelständler an, die in den letzten Jahren vom Wirtschaftsboom besonders profitiert haben und die meinen, Peru solle auf diesem Kurs weiterfahren und brauche dazu vor allem einen Präsidenten mit guten Verbindungen zur Wirtschaft. Bei den letzten Umfragen erhielt PPK zwischen 14 und 20% der Wählerstimmen.
Der 65-jährige Barnechea ist in Peru vor allem als Publizist bekannt. In den 80er Jahren war er zwei Jahre lang Abgeordneter für die sozialdemokratische Apra, in den 90er Jahren unterstützte er den liberalen Schriftsteller Mario Vargas Llosa bei seinem vergeblichen Versuch, Präsident zu werden. Seit zwei Jahren ist er Mitglied der Partei „Acción Popular“, die einst von Fernando Belaúnde gegründet wurde und Mitte-rechts angesiedelt ist. Barnechea und seine Frau Claudia gehören zur weisshäutigen „High Society“ Perus, seine politischen Positionen sind aber nicht einfach über einen Kamm zu scheren. So plädiert Barnechea – wie einst Morales in Bolivien – für eine Neuverhandlung über die Gasförderung in Camisea. Barnechea profitierte vom Ausschluss der Kandidaten Julio Guzmán und César Acunha und liegt in den Umfragen knapp vor Verónika Mendoza auf dem dritten Platz in der Wählergunst.
Verónika Mendoza
Die 36-jährige Psychologin und Lehrerin aus Cusco betrat vor fünf Jahren die politische Bühne Perus, als sie für die Partei Ollanta Humalas in den Kongress gewählt wurde. Sie machte sich schnell einen Namen als Verteidigerin der Rechte der indigenen Völker und verliess nach den gewaltsamen Protesten um die Kupfermine in Espinar 2012 ihre Fraktion. In den Primärwahlen des linken Parteienbündnisses „Frente Amplio de Izquierda“ ging sie vor dem Parteigründer Marco Arana klar als Siegerin hervor. Mendoza plädiert für eine Diversifizierung des wirtschaftlichen Modells – weg vom Bergbau, hin zur Förderung der Landwirtschaft, und für die Rechte der indigenen Völker. Wie Barnechea profitierte Mendoza vom Ausschluss zweier Konkurrenten und kämpft mit Barnechea und PPK – momentan knapp hinter Barnechea – um den Einzug in die zweite Wahlrunde.
Der Traum Alan Garcías, 2016 ein drittes Mal Präsident Perus zu werden und damit in die Riege der historischen Staatsmänner Lateinamerikas vorzustossen, scheint sich nicht zu erfüllen. Obwohl er in einer Allianz mit seiner langjährigen Konkurrentin Lourdes Flores auftritt (PPC), scheinen die peruanischen Wähler Alan Garcías und seiner Partei APRA überdrüssig zu sein. Nur 7 – 8% der Wähler wollten in den Umfragen für ihn stimmen. García war zweimal Präsident Perus – mit zwei je total unterschiedlichen Programmen, die entweder im wirtschaftlichen Fiasko (1985 – 1990) oder im Loblied auf die Auslandsinvestitionen und der Negation der indigenen Völker Perus (2006 – 2011) endeten. Zu einer dritten Amtszeit wird es den jüngsten Umfragen nach nicht reichen!
Und schliesslich die Ausgeschlossenen:
Self-made-Mann aus Trujillo, Besitzer eines Universitäts-Imperiums (Universidad César Vallejo), Regionalpolitiker. Der Donald Trump Perus war auf dem steilen Weg nach oben in der Wählerpräferenz , als ihn Plagiatsvorwürfe die ersten Wählerstimmen kosteten. Acunha hat sowohl seine Master- als auch seine Doktorarbeit abgeschrieben – das ist selbst in Peru, wo man jedes Buch, jeden Film oder jedes T-Shirt in Raubkopie kauft, für einen Universitätspräsidenten kein Ruhmesblatt. Das Genick gebrochen hat ihm aber dann, als er bei einer Wahlkampfveranstaltung Bargeld verteilte. Dies ist seit Januar 2016 ausdrücklich verboten und die Wahlbehörde schloss Acunha deswegen aus.
Genauso schnell wie er aus der Asche stieg scheint der 46-jährige Wirtschaftswissenschaftler auch wieder darin zu verschwinden. Als eine Mischung zwischen einem jungen Kuczinski und dem Harvard-Cholo Alejandro Toledo präsentierte sich Julio Guzmán, der es aus einfachen Verhältnissen zum Doktorat in den USA und zum zeitweiligen Staatssekretär im Wohnungsbauministerium brachte. Er galt in der Wählerpräferenz als der unbescholtene „Outsider“, auf den alle gewartet hatten, erreichte schnell 20% bei den Umfragen – bis die Wahlbehörde sich päpstlicher als der Papst gab und seine Partei wegen nicht erfüllter interner Wahlen ausschloss. Die Tatsache, dass es danach nicht zu grossen Protestmärschen der Anhänger Guzmáns kam, deutet darauf hin, dass hinter seiner Kandidatur keine starke Basis, sondern ein paar clevere Technokraten standen.
Nie über 5% der Wählerpräferenz hinaus kam der ehemalige Innenminister Daniel Urresti von der Partei des amtierenden Präsidenten Ollanta Humala. Bevor die Blamage vollkommen war, entzog ihm Humala die Unterstützung der Partei. Tragisch ist das für Susana Villarán, die vormalige Bürgermeisterin Limas: sie hatte als Kandidatin für die Vizepräsidentschaft auf Urresti gesetzt und wird nun ohne Parlamentsmandat bleiben.
Auch Alejandro Toledo, Präsident von 2000 – 2005, will es nochmal wissen – er ist in den Umfragen aber so abgeschlagen, dass ihm keinerlei Chancen eingeräumt werden.
Hildegard Willer
(Quelle: www.infostelle-peru.de)
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