vonGerhard Dilger 10.03.2013

Latin@rama

Politik & Kultur, Cumbia & Macumba, Evo & Evita: Das Latin@rama-Kollektiv bringt Aktuelles, Abseitiges, Amüsantes und Alarmierendes aus Amerika.

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Slavoj Žižek, kluger Polemiker und Pop-Philosoph, war an diesem Wochenende in São Paulo. Natürlich ging es  in seinem Vortrag vor Tausend meist jungen ZuhörerInnen auch um Hugo Chávez. Žižek erinnerte daran, dass Chávez an einem 5. März starb, „wie Stalin, worauf manche gleich hingewiesen haben“. Viel passender sei es jedoch, die Verbindung zum Geburtstag Rosa Luxemburgs (1871) herzustellen, denn „Chávez war einer von uns“.

„Unverzeihbar“ sei Chávez’ Freundschaft zu Ahmadimedschad oder Lukaschenko gewesen, meinte Žižek. Überhaupt hätten ihm viele Maßnahmen des venezolanischen Präsidenten missfallen, von der oft improvisierten Wirtschaftschaftspolitik bis hin zum Umgang mit politischen Gefangenen, wofür ihn auch Noam Chomsky gerügt habe.

Aber im Vergleich zu seinem politischen Projekt angesichts „einer neuen, globalen Apartheid“ sei all dies bedeutungslos, sagte Žižek: „Das explosive Wachstum der Elendsviertel … ist vielleicht das bedeutendste geopolitische Ereignis unserer Zeit“, und die Armen seien natürlich das bevorzugte Objekt liberaler Wohltäter von Bill Gates bis Starbucks.

Aber Chávez hat gesehen, dass das nicht reicht… Er hat gesehen, wie der Klassenkampf von einst in der Form neuer, tieferer Spaltungen wiederauflebt. Und hat etwas dagegen getan. Er war der erste, der sich nicht nur im alten peronistischen Stil um die Armen kümmerte und in ihrem Namen redete, sondern er kanalisierte ernsthaft all seine Energie in die Aufgabe, sie aufzuwecken und sie tatsächlich als aktive und autonome politische Akteure zu mobilisieren. Er hat klar gesehen, dass unsere Gesellschaften ohne deren Teilhabe allmählich auf einen permanenten Bürgerkrieg zugehen werden…

Bei all seiner theatralischen Rhetorik war Chávez aufrichtig… sein Versagen war unser Versagen. Ich habe gehört, dass es eine Krankheit gibt, bei der das Herz übermäßig wächst und unfähig wird, das ganze Blut durch die ausgeweiteten Venen zu pumpen… Vielleicht ist Chávez gestorben, weil er ein zu großes Herz hatte.

 

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https://blogs.taz.de/latinorama/zizek-uber-chavez-ein-zu-groses-herz/

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kommentare

  • Der Umgang mit politischen Gefangenen..die Freundschaft mit Ahmadinedschad und Lukaschenko (und Gaddhafi)…all das ist unverzeihbar, aber Chavez hatte ein zu großes Herz? Darf man das jetzt so sagen?

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