Mit ihrer Weigerung, ihre Zoepfe und ihren traditionellen Rock auf dem Abschlussfoto der juristischen Fakultaet der staatlichen Universitaet von Cochabamba retouchieren und durch Toga und Barett ersetzen zu lassen, wurde Amalia Laura Vilca aus einem Quechua-Dorf im Norden von Potosí von einem auf den anderen Tag bekannt. Es sind eher solche kleinen Geschichten, die in Bolivien heute noch Hoffnung machen.
Ob Kindergarten oder Universitaet, den Graduationsveranstaltungen messen Absolventen wie Eltern in Bolivien grosse Bedeutung bei. Einkleidung mit Toga und Barett, die nie wieder genutzt werden. Einzug in den Festsaal begleitet von Marschmusik am Arm des Vaters oder der Mutter… Doch Outfit und Wirklichkeit klaffen bisweilen weit auseinander.
Als haetten sie in ihrem Jurastudium nichts von dem neuen Antidiskriminierungsgesetz gehoert, hatten KommilitonInnen das Fotostudio, das das Gruppenfoto abziehen und rahmen sollte, dafuer bezahlt, ihrer indianischen Mitstudentin die Zoepfe, den traditionellen Rock (pollera) und Bluse wegretouchieren zu lassen, mit der sie sich dem Gruppenfoto gestellt hatte – angeblich um den Gesamteindruck nicht zu verschandeln.
Es war die letzte einer Reihe von Diskriminierungen, die Amalia waehrend ihres Studiums erleben musste. Eher zufaellig erfuhr ein Journalist von dem Fall, der deutlich macht, wie wichtig das Antidiskriminierungsgesetz ist. Das grosse Echo in der Presse, die Amalia weitgehend unterstuetzte, zeigt aber auch, dass manche Kritik der Medien an dem Gesetz tatsaechlich Sorge um moegliche Zensur und keine grundsaetzliche Opposition gegen Gleichstellungspolitik ist.
Amalia setzte sich durch und zog Ende Februar an der Seite ihres Vaters, der 13 Stunden auf einem Lastwagen aus seinem Dorf nach Cochabamba gekommen war – beide in traditioneller Kleidung – zu ihrer Abschlussfeier in den Festsaal ein. Auch auf dem Foto blieben Pollera und Zoepfe erhalten.
Auf die Kommilitoninnen und Komilitonen, die die Retouche in Auftrag gegeben haben, und bestreiten, dass dies gegen den Willen Amalias geschehen sei, wartet der erste Prozess ihrer Juristenkarriere – aber als Angeklagte. Amalia dagegen bekam ein Beschaeftigungsangebot aus dem Justizministerium. Doch die junge Juristin lehnte ab, berichtet die Tageszeitung Opinión. Sie habe sich entschieden, den regulaeren Weg zu gehen, sich auf eine regulaere Ausschreibung beworben und sei unter den Vorausgewaehlten.