vonericbonse 06.03.2022

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Die Nato will sich nicht in den Krieg Russlands gegen die Ukraine hineinziehen lassen, den sie durch ihre Expansionspolitik selbst mitverursacht hat. Das mächtigste Militärbündnis der Welt ist plötzlich ganz klein mit Hut – und vorsichtiger als die EU.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist kategorisch: “Die Nato wird keine Truppen in die Ukraine entsenden oder Flugzeuge in den ukrainischen Luftraum verlegen”, sagte der Norweger bei einem Besuch auf dem polnischen Luftwaffenstützpunkt Lask. “Die Nato wird sich nicht an dem Konflikt beteiligen.” 

Der polnische Präsident Andrzej Duda bekräftigte: “Wir schicken unsere Flugzeuge nicht, denn das würde eine militärische Einmischung in den Konflikt bedeuten, der sich in der Ukraine abspielt, es würde bedeuten, dass sich die Nato in den Konflikt einschaltet, aber die Nato ist keine Partei in dem Konflikt”. 

Die Nato ist keine Partei – ein gewagter Satz. Schließlich hat sie sich schon 2008 bereit erklärt, die Ukraine aufzunehmen. Auch wenn der Beitrittsplan auf Eis liegt, wurde die Ukraine aufgerüstet und so weit exponiert, dass Kremlchef Putin ultimativ einen Rückzug der Allianz forderte.

Die Nato war am Ende zwar nicht der Kriegsgrund, aber ihr Rückzug ist weiter ein Kriegsziel. So leicht können sich die Alliierten also nicht aus dem gefährlichen Konflikt herausstehlen. Dennoch agieren sie klug – denn niemand will eine direkte Konfrontation, die schnell eskalieren könnte.

Ganz anders geht die EU vor. Ohne Not hat sie Waffenlieferungen an die Ukraine beschlossen, eine Zeitlang war sogar von Kampfjets die Rede. Das Kriegsgerät soll in Polen gesammelt und von dort aus an die Front geschickt werden. Damit wird sie, wenn auch nicht direkt, zur Kriegspartei.

Zudem geht die EU, genau wie die USA, offensiv mit einem Wirtschaftskrieg gegen Russland vor. Damit wird eine zweite Front eröffnet, die sich am Ende als gefährlicher als der “echte” Krieg erweisen könnte – zumal es ja weitgehend um dieselben Akteure geht wie in der Nato…

FAZIT: Es ist eine verkehrte Welt. Die Nato, die die Ukraine schützen wollte, überlasst sie schutzlos dem russischen Agressor und tut so, als habe sie mit dem Krieg nichts zu tun – um das Risiko zu mindern. Gleichzeitig eröffnet die EU einen Wirtschaftskrieg, um das Versagen der Militärs zu verdecken – und geht dabei voll ins Risiko!

Siehe auch “Wirtschaftskrieg: Moskau droht, Paris relativiert, Berlin legt nach”

 

 

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https://blogs.taz.de/lostineurope/die-nato-duckt-sich-weg/

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kommentare

  • Ich kann mir nicht erklären, warum Nato die Mitgliedschaft von Ukraine nicht kategorisch ablehnt damit Putin nicht angreift.

  • Man sollte sich raus halten. Das ist alleine Sache von Putin und Ukraine. Man hätte Herrn Putin eher zuhören sollen, denn er hat seine Sorgen mehrfach mitgeteilt. Die EU bewegt sich auf sehr dünnem Eis
    Es könnte sich hier ein 3. WK entwickelten, wenn noch weiter geschürt wird. Putin hat sehr moderne Waffen . Hört auf zu provozieren.

    • Dann darf keine Demokratie mehr andere Staaten ermuntern, einen demokratischen Aufbruch zu wagen. Wann wird denn das Sterben von Menschen unsere Sache, erst wenn Deutsche sterben? Diese, auch von China bevorzugte, Sichtweise gibt allen autoritären Regimen freie Hand bei der Verletzung von Menschen(-rechten). Irgendwann klopft es aber auch bei uns an die Tür, eigentlich höre ich es jetzt schon klopfen.

    • Das können sie nicht ernst meinen. Gestehen Sie tatsächlich einem Staat zu, wenn er sich in seinem Großmacht-Status nicht ernst genommen fühlt, einen Nachbarstaat anzugreifen, den er zu seiner Einflusssphäre zählt? Ich fasse es nicht. In so einer Welt möchten Sie leben? Die Ukrainer nicht. Ich auch nicht.

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