vonericbonse 30.10.2022

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Acht Monate dauert die russische Invasion in der Ukraine schon. Von Frieden redet niemand mehr. Während Russland vor einer “schmutzigen Bombe” warnt und die USA eine mögliche Militär-Intervention vorbereiten, entwirft die EU einen Plan für den Wiederaufbau. Wie passt das zusammen?
Um es kurz zu machen: Überhaupt nicht. Die Kriegsparteien bemühen sich nicht mehr um kohärente Botschaften. Wer die Meldungen eines einzigen Tages aus Russland, den USA und der EU zusammennimmt, könnte darüber verzweifeln.

Beginnen wir mit Russland: Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat in Telefonaten mit mehreren Kollegen aus Nato-Mitgliedstaaten die Sorge bekundet, dass die Ukraine eine “schmutzige Bombe” einsetzen könne. Offenbar wollte er damit die Schuld auf die Ukraine schieben, falls eine solche Bombe gezündet werden sollte. Das könnte nämlich dazu führen, dass die USA direkt in den Krieg eingreifen. Dieses Szenario wird sogar immer wahrscheinlicher.

Direkte Intervention der USA?

Die Amerikaner haben nicht nur einen Flugzeugträger am Bosporus stationiert, sondern auch eine Eingreiftruppe – die 101. Luftlandedivision – nach Rumänien entsandt. Seit dem Zweiten Weltkrieg war diese Division nicht mehr in Europa stationiert. Zugleich häufen sich die Gedankenspiele für eine direkte Intervention. Die USA könnten eine internationale Eingreiftruppe aufstellen, um die russische Armee vernichtend zu schlagen, orakelt der frühere US-General Petraeus. So könne man die Nato heraushalten.

All dies deutet auf eine weitere Eskalation. Unklar ist nur, wer sie auslöst – Russland mit einer “taktischen” Atombombe, die Ukraine mit einer “schmutzigen” Bombe – oder die USA mit einem Angriff, für den offenbar nur noch der passende Anlaß gesucht wird.

Und was macht die EU?

Sie weist alle Warnungen aus Moskau zurück und tut so, als habe sie das Säbelrasseln in Washington nicht gehört. Während sich die Haupt-Kontrahenten auf den ganz großen Knall einstellen, redet Kommissionschefin von der Leyen von “Wiederaufbau”!

Das scheint eine deutsche Marotte zu sein, denn Kanzler Scholz und der Ostausschuß der deutschen Wirtschaft haben auch nichts anderes im Sinn. Bei einer Konferenz in Berlin hieß es, Deutschland müsse beim “Wiederaufbau” eine “Führungsrolle” spielen.

Bliebe nur die klitzekleine Frage zu klären, wer die 750 Mrd. Euro bezahlen soll, die dieser Aufbau nach Angaben aus Kiew kosten wird. Das EU-Budget ist leer, das größte EU-Land Deutschland rutscht gerade in die Rezession. Und private Investoren brauchen Sicherheit.

Anders gesagt: Hier passt überhaupt nichts zusammen! Und genau das macht die Lage so beunruhigend…

Siehe auch “Neues vom Wirtschaftkrieg: Deutsche Wirtschaft will Führungsrolle in Ukraine”

 

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https://blogs.taz.de/lostineurope/ist-frieden-ein-schmutziges-wort/

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