Eine „feindliche Übernahme“: So sieht die französische Tageszeitung „Libération“ den Wahlsieg von Präsident Macron und seiner Bewegung. „Enthaltung überall, Opposition nirgends“, fügt das Blatt hinzu. Berlin findet das toll.
Ein „starkes Votum für Reformen“ sei das Ergebnis der ersten Runde der Parlamentswahl, sagte der Sprecher von Kanzlerin Merkel. „Es scheint sehr stabile Verhältnisse in Paris zu geben“, freut sich Finanzstaatssekretär Spahn.
Stabile Verhältnisse? Eher erleben wir den Zusammenbruch des politischen Systems in Frankreich. Die Sozialisten stehen vor dem Nichts, die Republikaner sind auf CSU-Niveau geschrumpft.
Macron kann ohne Opposition regieren – mit einer Nationalversammlung, die zur Hälfte aus unerfahrenen Newcomern besteht. Er erhält mehr Macht als all seine Vorgänger – doch sein Rückhalt ist gering.
Denn die Rekord-Enthaltung zeigt, dass die Franzosen Macron nur „faute de mieux“ gewählt haben – es gab keine glaubhafte Alternative. Das erinnert an Merkel – allerdings mit wichtigen Unterschieden.
Zwar hat auch Macron eine Art Große Koalition gebildet, mit (ehemaligen) Sozialisten und Republikanern als Minister. Doch gleichzeitig hat er die Parteien seiner „GroKo“ aufgelöst und übernommen.
Das bedeutet die „feindliche Übernahme“, die „Libération“ auf die Titelseite hebt. Es ist, als wären Gabriel und Von der Leyen Teil einer neuen Groko, in der CDU/CSU und SPD nicht mehr existieren.
Es gäbe nur noch einen Merkel-Wahlverein, die Opposition läge am Boden. Vor allem für die SPD sollte das eine Warnung sein. Ihr könnte ein ähnliches Schicksal drohen – Merkel klatscht nicht zufällig Beifall…
Siehe auch „Die wahren Verlierer“ (die Sozialdemokraten…)