vonHans Cousto 11.09.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Kognitive Dissonanz ist im Allgemeinen ein Phänomen, das bei Politikern von im Bundestag vertretenen Parteien auftritt. Doch manchmal tritt dieses Phänomen auch bei den Besten der Besten auf. So z.B. am Abend des 10. September 2011 bei Felix von Leitner, bekannt durch seine kritischen Anmerkungen in seinem Blog, der die längste Löschdiskussion in der deutschsprachigen Wikipedia auslöste. Die Mehrheit der Diskutanten hielten Fefes Blog jedoch für relevant und so blieb der Artikel in der Wikipedia.
So schrieb Felix am 10. September 2011 um 18:37:51 CEST folgenden Artikel in seinem Blog (fett dargestellte Hervorhebung dient nur der besseren Orientierung und stammt nicht von Felix):

»Gerade erst bloggte ich, dass „Tipp eines ausländischen Geheimdienstes“ Code für „wir wollen lieber nicht sagen, aus welch schattiger Quelle wir das haben“ ist. Jetzt kommt gerade eine schöne Geschichte dazu rein. Erinnert ihr euch an den Terroranschlag am Frankfurter Flughafen 2006? Das kam vom Timing her sehr günstig gelegen und passte perfekt zur Abstimmung über eine neue Polizei-Monster-Datenbank. Genau wie der „Terroranschlag“ jetzt gerade in Berlin zeitlich perfekt vor die Berlin-Wahl passte. So ein Zufall aber auch immer mit diesen Terroristen!

Jedenfalls hieß es damals auch, das ginge auf einen Tipp eines ausländischen Dienstes zurück, und jetzt stellt sich ausgerechnet anhand einer geleakten Wikileaks-Depesche heraus, was da wirklich der Tippgeber war:

Volker Zintel (PROTECT), a board member and the senior security official at Frankfurt Airport, told us that the individual suspected of involvement is an airport employee working in the baggage area of the airport. According to Zintel, the employee had been suspected of involvement in small-scale drug trafficking (fewer than ten grams of marijuana) and therefore German authorities were monitoring his phones.

Das ist ja alleine schon mal ein krasser Datenpunkt, dass die für weniger als 10 Gramm Gras Leuten das Telefon abhören. Aber dass sie dann, wenn sie ein paar Kiffer rumblöden hören, gleich einen auf Terroranschlag machen, das erinnert schon ein bisschen an Monty Python.«

Keine halbe Stunde später, um 19:01:56 CEST, schrieb er dann einen Artikel zur Demonstration Freiheit statt Angst:

»Die FSA war diesmal deutlich kleiner als die letzten Jahre, ich schätze mal so 3000-4000 Leute. Ich war ein bisschen irritiert, als ich mich umdrehte und hinter mir Renate Künast marschieren sah. Es ist ja überhaupt irgendwie komisch, wenn die Grünen gegen den Überwachungsstaat demonstrieren, den ihr Parteigründer Otto Schily mit der rot-grünen Regierung unter Schröder etabliert hat, ich erinnere da nur mal an den Otto-Katalog. Gut, Schily war zu dem Zeitpunkt in der SPD und nicht mehr bei den Grünen, aber die Grünen waren mit in der Regierung und sind daher auch verantwortlich.

Die SPD habe ich nicht gesehen, die haben sich das offensichtlich nochmal überlegt. Alvar Freude soll da gewesen sein, ich sah ihn jedoch nicht.

Diverse Interessengruppen versuchten, die Demo für ihre Ziele zu kapern. U.a. war da ein nerviger Lautsprecherwagen, der zu antifaschistischen Aktionen aufrief, eine Gruppe forderte Solidarität mit britischen Jugendlichen (!?!?) und die Schaffung der Sozialistischen Staaten von Europa (ich hoffe ich gebe das gerade richtig wieder), und ein Grüppchen setzte sich für die Legalisierung von Marijuana ein. Das mögen ja alles mehr oder weniger noble Ziele sein, aber mit Vorratsdatenspeicherung und Überwachungsstaat hat es nur am Rande bis gar nicht was zu tun.«

Innerhalb einer halben Stunde vergessen, vorüber man sich aufregte?

Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) wird seit vier Jahrzenhnten instrumentalisiert, um aufmüpfige Zeitgenossen das Leben schwer zu machen. Deshalb gilt:»Freiheit statt Angst – das muss auch für Kiffer gelten!« Deshalb haben die Organisatoren der Hanfparade beschlossen, sich auf der Demo als »Grüner Block« einzugliedern. Der »Grüne Block« hat übrigens genau so wenig mit der Partei der Grünen zu tun wie der »Schwarze Block« mit der CDU.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/marihuana_und_vorratsdatenspeicherung/

aktuell auf taz.de

kommentare