vonEva C. Schweitzer 07.06.2009

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Die deutschen Presseberichte zum Besuch von Obama in Kairo, Buchenwald und der Normandie lesen sich meistenteils wie Fernsehkritiken, wo dem Kritiker nicht recht klar ist, dass die bunten Figuren in der kleinen Kiste nicht real sind, sondern Schauspieler.

Obama ist, nur um das noch einmal klarzustellen, der Präsident der USA. Demzufolge sind seine Botschaften ausschließlich für das amerikanische Publikum bestimmt, und nicht etwa für die ausländische Staffage. Obama hat gerade ein paar Probleme: In Israel wurde ein Hardliner gewählt, was es nicht so einfach macht, weiter das unsinkbare Schlachtschiff der USA im Mittleren Osten vorbehaltlos zu unterstützen, die Amerikaner sind irakkriegmüde und schon gar nicht haben sie Lust, in den Iran einzumaschieren, und die bad publicity, soweit es Guantanamo betrifft, geht einfach nicht weg. Das nervt. Plus, es gibt eine radikale Rechte in Amerika, die darauf beharrt, dass Obama ein in Kenya geborener schwarzer Araber sei, dessen muslimischen Freunde ihn alsbald per Knopfdruck in den Manchurian Candidate verwandeln werden.

So schlägt ein Besuch in Buchenwald (an der Seite von Elie Wiesel) gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Die Israellobby in den USA wird ruhiggestellt, das amerikanische Volk daran erinnert, dass Kriege doch letztlich gut sind und sich lohnen; plus, Obama kann seinen weltkriegsgekämpfthabenden und vor allem weißen Großonkel an seine Seite stellen, in der Hoffnung, der färbt ab.

Komischerweise sind aus der amerikanischen Presse nun auch alle Witze über die Franzosen als cheese eating surrender monkeys verschwunden. Aber das ist bestimmt nur Zufall.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York. Droemer-Knaur, Juni 2009.

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