vonBlogwart 18.11.2009

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Das Totem an der taz-Wand zeigt Wirkung. Nach der erwartbaren Abwehrreaktion (“HiHi, das bin ich ja garnicht!”) beginnt der Patient langsam, sich der Realität zu stellen – aber wie das bei den im Springerhochhaus nistenden Schmierfinken so ist: kaum haben sie ein Partikel Realität erfaßt und einmal durch ihr Kleinhirn gewälzt, kommt “Bild”-Schwachsinn in Großbuchstaben heraus. Wie in KDs Antwort auf auf die Frage des Tagesspiegel: ” „taz“ und „Bild“ arbeiten nur wenige Meter voneinander entfernt. Macht diese Nähe besonders aggressiv oder besonders einfallsreich oder besonders kindisch?”

“„Bild“ beschäftigt sich so gut wie gar nicht mit der „taz“. Umgekehrt scheint der Penisstreit von 2002 für die „taz“ allmählich zum Gründungsmythos zu werden – was ich mit Freuden sehe, weil es die Boulevardisierung der „taz“ weiter vorantreibt. Die neue Skulptur werte ich daher als Höhepunkt einer ganz neuen Sinnlichkeit und Fleischeslust, die ich so bei der „taz“ nicht vermutet hätte.”

Wiegesagt: ein Partikel – in diesem Fall 16 Meter – Realität vor Augen, und schon dreht der Mann am Rad. 2002 liess er der taz die Verbreitung einer Satire über seine Penisvergrößerung gerichtlich verbieten und verlangte (vergeblich) 30.000 EU Schmerzensgeld – um den Text dann sieben Jahre später in seinem Blog selbst zu veröffentlichen, während das der taz weiter verboten ist. Das war der “Gründungsmythos” nicht der “tageszeitung” – die bekanntlich 1978 gegründet wurde – sondern der  Gründungsmythos des Gossenjournalisten als bloggender Selbstironiker und coole Sau.

Solche “Verschiebungen” oder “Übertragungen” sind indessen typisch für den therapeutischen Prozeß: Diekman hält sich wegen der Spitzenauflage der “Sudel-Taz”, die er einmal machen durfte, ja schon seit Längerem für den idealen Hyper-Chefredakteur – auch im “Tagesspiegel”-Interview muß er sich dafür nochmal einen von der Palme schütteln.  Nun aber  – getrieben von der Beschwörungskunst schräg gegenüber – kann er nicht nur diese Eintagsfliege für sich reklamieren, sondern die gesamte “Gründung” der taz mythologisch allein auf seinen Penis beziehen. Es scheint, als ob sich hier auf der Blogcouch ein geradezu klassischer psychoanalytischer Lehrbuchfall entwickelt. Darauf deutet auch die “Freude” angesichts der Fleischeslust und Sinnlichkeit, die der Patient äußert – bis gestern mußte er den Blick in den Spiegel noch  verdrängen, jetzt nach erfolgreicher Übertragung der taz-Gründung auf seinen Penis, kann er dem monströsen Mahnmal schon Lust und Sinnlichkeit abgewinnen.

Was allerdings die “Boulevardisierung” betrifft und Diekmanns innigen Wunsch, dass die größte und kleinste Boulevardzeitung doch mehr zusammenarbeiten müßten, geht diese Fiktion nicht nur an der Realität vorbei sondern schon an den rein physikalischen Naturgesetzen. Denn “Bild” buckelt stets nach oben und tritt nach unten. Die taz hingegen tickt seit je genau anders herum…

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https://blogs.taz.de/penispatient_auf_der_blogcouch/

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