So So Modern – Friends And Fires
“High Performance With High Ethics” – was im Wirtschaftsslang-Kontext wie eine hohle Phrase klingt, wird bei So So Modern zur Lebenseinstellung. Ein ganzes Album voller Amphetamine.
Die quakigen Wave-Punks aus Wellington haben ein Debütalbum, das eigentlich gar keines ist. Denn “Friends And Fires” kommt im Titel nicht ohne den Zusatz “+ 000 EPs” aus. Das muss man wissen, sonst könnte man schnell glauben, hier handele es sich um ein Debüt. Die DIY-Attitüde der Neuseeländer aber hat dazu geführt, dass die unzähligen EPs und Singles nun auf einer Platte vereint wurden. Da macht es für Interessenten ohne entsprechenden subkulturellen Background leichter, Zugang zu finden.
Außerdem stellt es eine Werkschau da, die für die rastlosen Bandmitglieder dringend notwendig war. Seit Jahr und Tag reisen So So Modern nämlich um die Welt – Gerüchten zufolge ohne viel Kohle oder gar ein Rückflugticket in die Heimat. Stattdessen lässt man sich treiben, veröffentlicht in UK bei Transgressive Records (und ist damit Labelmate der wunderbaren Foals) und tourt gern auch mal wochenlang durch süddeutsche Provinzen.
Das passt zum unreflektierten, wilden, manischen Treiben der Musik. Bei So So Modern wird keine Pause eingelegt, alles muss wild durcheinandergeprügelt werden. Keine Zeit, kein Geld – dafür aber umso mehr Adrenalin. Am Ende mag “Friends And Fires” vielleicht etwas zu hektisch geraten sein. Bei so fiepsigen, krachigen Songs wie “Synthgasm” oder “The Love Code” wünsch man den Neuseeländern nicht so schnell eine Rückkehr ins beschauliche Wellington. Bitte weitermachen, danke!
Anhören!
* Synzhgasm
* The Love Code
* Contracts
So So Modern im Popblog:
* I Predict A Riot 2008: New Rave
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Look See Proof – Between Here And There
Hertfordshire ist ist eine Grafschaft in England und liegt einige Meilen nördlich von London. 1,1 Millionen Menschen leben dort; im Osten liegt Essex, im Westen Buckinghamshire. Der Name Hertfordshire erscheint urkundlich zum ersten Mal in der angelsächsischen Chronik von 1011.
Damit ist alles wichtige über Hertfordshire gesagt. Nur nicht über die Band Look See Proof. Die kommen zwar aus der besagten Gegend, haben mit der dortigen Beschaulichkeit allerdings recht wenig zu tun. Hier sitzt noch genau der gleiche Indie-Rock an den Reglern und Saiten, der vor drei Jahren zur Explosion gebracht wurde und seitdem hunderte Epigonen produziert – aus sich selbst heraus und ohne große Motivation. Zumindest letzteres möchte man Look See Proof nicht vorwerfen. Deren Indie-Rock ist vielleicht zu modern und gefällig – aber er scheint in einer tiefgreifenden Melancholie verwurzelt, der Songs wie “Keeping Mistakes” und ihre schönen Chöre und Melodien zumindest über das Mittelmaß hinausheben. Alles erinnert stark an die Winterkids, die freilich auch noch nicht mehr als ein Debütalbum vorgelegt haben. Auch die Kooks und vor allem die Good Shoes winken aus dem Proberaum, schicken eine elegische Editors-Gitarre wie in “High Horse” auf die Musicbusiness-Trabrennbahn. Unterm Strich hat man aber leider alles schon hunderttausendmal gehört.
Vielleicht ist die Zeit zu schnelllebig für Look See Proof. Oder für Indie-Rock schlechthin. Vor drei Jahren wäre “Between Here And There” wahrscheinlich mittelschwer eingeschlagen. Am Ende ist es nur das Lou Reed’sche “Bishopsgate”, das einem die Schuhe auszieht. So, genau so sollten Look See Proof weitermachen, um nicht “zwischen Hier und Da” stecken zu bleiben…
Anhören!
* High Horse
* Bishopsgate
(beide Texte Robert Heldner)
Freut mich, dass So So Modern hier weiter Beachtung finden.
Aber ganz sicher ist Friends And Fires nicht “etwas zu hektisch geraten”, die Platte ist absolut grandios & stimmig.
Look See Proof: Belanglos, das sagt der Text ja auch, aber wie können die “vielleicht zu modern” klingen?
& was sollen sowieso diese ganzen “vielleichts” in Herrn Heldners Texten?!