vonChristian Ihle 27.02.2009

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Die lange Pause zwischen Album Nummer zwei und drei, angebliche Verwerfungen mit dem ursprünglich eingeplanten Produzententeam Xenomania (die nun die Pet Shop Boys bei ihrem nächsten Album unterstützen werden), die Ansage, mehr in Richtung Elektronik zu gehen und die Gitarren einzumotten… das klang alles zu aufgeregt, zu wenig souverän, fast orientierungslos, was man im letzten Jahr von Franz Ferdinand zu hören bekam.FF Tonight

Nun ist das dritte Album endlich erschienen und was bleibt? Viel Lärm um nichts, im besten Sinne. Auch „Tonight“ ist wie schon „You Could Have It So Much Better“ wieder ein richtig gutes Gitarren (!) – Album geworden, das die meisten Nachfolgealben ihrer Epigonen in den Schatten stellt. Aber es ist – natürlich, wie man geneigt ist, hinzuzufügen – auch bei weitem nicht ein kulturelles Erdbeben wie das Debütalbum der vier Schotten, das damals die im Untergrund schwelende Post-Punk-Euphorie und den Gang-Of-Four-Fetischismus spätestens mit der Single-Veröffentlichung „Take Me Out“ in den Orbit schoss und den Ruhm der Bloc Park Monkeys erst ermöglichte.

Wir machen etwas weniger Singlematerial als zu früheren Zeiten aus („What She Came For“ als große Ausnahme, ein Smasher vor dem Herrn), ein klein wenig mehr Elektronik und Gebratze (vor allem bei der ersten Single „Ulysses“ und bei „Lucid Dreams“), können aber sonst konstatieren, dass Franz Ferdinand immer noch stilvoll zwischen Pop-Melodien und Post-Punk-Gitarren tanzen.

Bis zum letzten Drittel des Albums ist „Tonight“ auch beinahe ausnahmslos gelungen, aber dann fallen zwei Stücke derart eklatant ab, dass man sich ernsthaft Sorgen um die Songwriting-Konsistenz von Kapranos & Co. im Jahr 2009 machen muss. Liebe Franz Ferdinand, in den 80ern hat man einst die 12-Inch-Maxi-Single erfunden, damit Bands so einen Quatsch wie eine siebenminütige „Lucid Dreams“-Version eben nicht auf ihre Platten packen müssen. Damit Bands zeigen dürfen, dass sie mit anderen Stilen experimentieren können, ohne dabei ihre Alben zu zerstören. Dass die akustische Songskizze „Dream Again“, die „Lucid Dreams“ folgt, belanglos und öde ist, macht „Tonight“ ebenfalls nicht besser bevor kurz vor Toresschluss „Katherine Kiss Me“ den Kahn gerade noch so sicher in den Hafen bringt bevor wir Schiffbruch vermelden müssen.

Viel wurde darüber geschrieben, dass „Tonight“ eine Art Konzeptalbum über das Weggehen, das Feiern einer Nacht sein soll. Wenn dem so ist macht es bis circa fünf Uhr morgens einen Heidenspaß mit Franz Ferdinand zu feiern, zu trinken, zu tanzen, bis die Knallköpfe zu viel Koks spritzen und MDMA schnupfen um uns bei „Lucid Dreams“ höllisch auf die Nerven zu gehen, wir dann auch noch den Hangover von „Dream Again“ mit ihnen durchleiden müssen, um am nächsten Tag bei einer Tasse Tee und „Katherine Kiss Me“ doch festzustellen, dass wir nächsten Freitag wieder mit Ihnen ausgehen würden. (Christian Ihle)

Anhören!
* What She Came For
* Twilight Omens
* No You Girls (hier)

Im Netz:
* Indiepedia
* MySpace

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https://blogs.taz.de/popblog/2009/02/27/album_des_monats_januar_platz_1_franz_ferdinand_-_tonight/

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kommentare

  • Jaja, die Berlinale hat unseren Zeitplan schon wieder so durcheinander gewirbelt, dass wir plattenbesprechungstechnisch derbe in der Vergangenheit leben. Die beiden kommen aber selbstredend!

  • ahso… Äpfel & Birnen,.Und bla… ich würde lieber eine komplette Mando Diao-Platte hören als nur einen FF-Verschnitt, der die 3 Minuten nochwas um auch nur eine Sekunde übersteigt…

    Aber ich warte eh‘ noch auf die Emmy the Great/ Peter Doherty-Besprechung… es ist ja erst/ noch ‚Januar’…

  • Geht doch # Album des Monats.

    Ich möchte mich aber sofort dem aufgedrängten Kollektivismus des Autors entwinden. ICH feier gern – um bei der Sprache des Verfassers zu bleiben – auch noch mit MDMA und Koks nach 5h morgens mit. (Die Woche drauf dann natürlich auch wieder.)

    Ja, die kurze Version von „Lucid Dreams“ habe ich auch.
    Ich finde die gestreckte Variante (eben auch im Vgl. mit der ersten „Skizze“) allerdings sehr gelungen und abwechslungsreich (zudem gar nicht störend im Fluß des Albums).

  • das kann ich mir schon gut vorstellen, dass eine schlankere Version von Lucid Dreams tatsächlich einen guten Song ergeben würde. Als Remix wäre es genauso in Ordnung wie eben als Maxi-Single – nur für den Fluß des Albums empfinde ich es als störend.

  • Ich habe ein 3:42-Version von Lucid Dreams denn FF letzten Sommer im Netz verteilten und auch wenn es generell sehr en vogue scheint, auf immer diesem Lied rumzuhacken und ich diesen 8-Minuten-Klops auch nicht mag, über 3:42 ist das ein sehr gutes Lieder aus der klassischen FF-Liga. Wenn da noch ein guter Remix kommt, wäre ich nicht verwundert, wenn das sich doch noch als einer der Hits des Albums herausstellt.

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