Die lange Pause zwischen Album Nummer zwei und drei, angebliche Verwerfungen mit dem ursprünglich eingeplanten Produzententeam Xenomania (die nun die Pet Shop Boys bei ihrem nächsten Album unterstützen werden), die Ansage, mehr in Richtung Elektronik zu gehen und die Gitarren einzumotten… das klang alles zu aufgeregt, zu wenig souverän, fast orientierungslos, was man im letzten Jahr von Franz Ferdinand zu hören bekam.
Nun ist das dritte Album endlich erschienen und was bleibt? Viel Lärm um nichts, im besten Sinne. Auch „Tonight“ ist wie schon „You Could Have It So Much Better“ wieder ein richtig gutes Gitarren (!) – Album geworden, das die meisten Nachfolgealben ihrer Epigonen in den Schatten stellt. Aber es ist – natürlich, wie man geneigt ist, hinzuzufügen – auch bei weitem nicht ein kulturelles Erdbeben wie das Debütalbum der vier Schotten, das damals die im Untergrund schwelende Post-Punk-Euphorie und den Gang-Of-Four-Fetischismus spätestens mit der Single-Veröffentlichung „Take Me Out“ in den Orbit schoss und den Ruhm der Bloc Park Monkeys erst ermöglichte.
Wir machen etwas weniger Singlematerial als zu früheren Zeiten aus („What She Came For“ als große Ausnahme, ein Smasher vor dem Herrn), ein klein wenig mehr Elektronik und Gebratze (vor allem bei der ersten Single „Ulysses“ und bei „Lucid Dreams“), können aber sonst konstatieren, dass Franz Ferdinand immer noch stilvoll zwischen Pop-Melodien und Post-Punk-Gitarren tanzen.
Bis zum letzten Drittel des Albums ist „Tonight“ auch beinahe ausnahmslos gelungen, aber dann fallen zwei Stücke derart eklatant ab, dass man sich ernsthaft Sorgen um die Songwriting-Konsistenz von Kapranos & Co. im Jahr 2009 machen muss. Liebe Franz Ferdinand, in den 80ern hat man einst die 12-Inch-Maxi-Single erfunden, damit Bands so einen Quatsch wie eine siebenminütige „Lucid Dreams“-Version eben nicht auf ihre Platten packen müssen. Damit Bands zeigen dürfen, dass sie mit anderen Stilen experimentieren können, ohne dabei ihre Alben zu zerstören. Dass die akustische Songskizze „Dream Again“, die „Lucid Dreams“ folgt, belanglos und öde ist, macht „Tonight“ ebenfalls nicht besser bevor kurz vor Toresschluss „Katherine Kiss Me“ den Kahn gerade noch so sicher in den Hafen bringt bevor wir Schiffbruch vermelden müssen.
Viel wurde darüber geschrieben, dass „Tonight“ eine Art Konzeptalbum über das Weggehen, das Feiern einer Nacht sein soll. Wenn dem so ist macht es bis circa fünf Uhr morgens einen Heidenspaß mit Franz Ferdinand zu feiern, zu trinken, zu tanzen, bis die Knallköpfe zu viel Koks spritzen und MDMA schnupfen um uns bei „Lucid Dreams“ höllisch auf die Nerven zu gehen, wir dann auch noch den Hangover von „Dream Again“ mit ihnen durchleiden müssen, um am nächsten Tag bei einer Tasse Tee und „Katherine Kiss Me“ doch festzustellen, dass wir nächsten Freitag wieder mit Ihnen ausgehen würden. (Christian Ihle)
Anhören!
* What She Came For
* Twilight Omens
* No You Girls (hier)
Im Netz:
* Indiepedia
* MySpace
Jaja, die Berlinale hat unseren Zeitplan schon wieder so durcheinander gewirbelt, dass wir plattenbesprechungstechnisch derbe in der Vergangenheit leben. Die beiden kommen aber selbstredend!