vonChristian Ihle 24.03.2010

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

Mehr über diesen Blog

Pop-Quizfrage: Welche Band hat die Sex Pistols, Jonathan Richman und Ceremony von New Order gecovert ohne sich dabei bis auf die Knochen zu blamieren? Letzteres sogar ohne dabei die genauen Lyrics zu kennen? Richtige Antwort: Die Traumsymphoniker von Galaxie 500! g500

Nun wäre es natürlich vermessen, die Slowcore-Formation aus Boston, Massachusetts, lediglich auf die famosen Coversongs zu reduzieren, viel zu nachhaltig ist der Einfluss, den die Harvardabsolventen Dean Wareham, Naomi Yang, Damon Krukowski auf die Musikwelt hinterlassen haben ohne je wirklich dafür angemessen gewürdigt worden zu sein.

Außenstehenden ist die Faszination für diese Band, bei der nahezu jeder Song über denselben Rhythmus und dieselbe melancholische Grundstimmung verfügt, nur schwer zu vermitteln. G500 waren Meister darin alles Energische aus ihrer Musik zu vertreiben. Das lustlose Schlagzeug, die gniedelnden Gitarreneinlagen, Warehams verhallter brüchiger Gesang… Doch wer spätestens beim Ausbruch des Saxofonsolos auf „Blue Thunder“ nicht kurz ergriffen innehält, möge sich bitte ab sofort nicht mehr zum Menschengeschlecht zählen.

G500 waren geniale Dilettanten, deren Charme zwar nur drei Plattenveröffentlichungen überdauerte, jedoch noch eine beeindruckende Zahl an hervorragenden Post-G500-Aktivitäten (Damon & Naomi, Luna, Dean & Britta) hervorbrachte, die alle mit Kritikerlob überhäuft und trotzdem von fast niemandem gehört wurden. Leider wahr. Als kommerziell erfolgreich erwies sich keine einzige der genannten Bands. Da kann Thurston Moore noch so oft behaupten, dass Today 1988 das Gitarrenalbum gewesen sein mag.

g500

Langlebiger als die Karriere erwies sich da schon das Automodell aus dem Hause Ford, nach dem sich die Band benannt hat. „There’s a place I’d like to be“ sang Wareham noch auf dem Debüt der Band. Drei Studioalben später war für ihn trotzdem Schluss und Galaxie 500 Geschichte.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=_m0rbistOm0[/youtube] Strange (live)

Viele Gründe mögen dazu geführt haben, dass sich der spröde Charme des US-Trios nie einer breiteren Hörerschaft erschlossen hat. Das Dream Pop – Trio war zu introvertiert für die schrillen Achtziger und nicht laut genug für die vom Grunge gegerbten Frühneunziger. Überhaupt klang die Band seinerzeit viel zu britisch für den amerikanischen Untergrund, der sich gegen Ende des Jahrzehnts anschickte den Mainstream zu erobern. Ihre dahinschleichenden Popsongs wirkten wie isolierte Heilsbringer in einer Zeit, in der es von traditionellen Rockbands nur so wimmelte, obwohl die Bandbesetzung paradoxerweise alles andere als spektakulär ausfiel (Gitarre/Bass/Schlagzeug). Und noch schlimmer: In Frontmann Dean Wareham hatte man zwar einen Sänger gefunden, dessen unvergesslicher, notorisch schiefer Gesang zum Markenzeichen der Band wurde, den dreien seinerzeit jedoch nur wenig Radioairplay beschert hatte. Von John Peel einmal abgesehen, dessen Session übrigens als Bonusdisc dem Zweitwerk „On Fire“ beigefügt wurde.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=_z9x04AKaqM&feature=related[/youtube]
Decomposing Trees – Peel Sessions

Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen ihrer Alben erweist das Label Domino der Band nun die Ehre und veröffentlicht den gesamten G500-Backcatalog als hochwertige Deluxe-Reissues (CD/LP). Kaufen und in Erinnerungen schwelgen. Oder kaufen und neu entdecken. (Katja Peglow)

Im Netz:
* Indiepedia

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/popblog/2010/03/24/wiederveroeffentlichung_des_monats_galaxie_500/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert