vonChristian Ihle 21.09.2012

Monarchie & Alltag

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Anlässlich des Buches “Wintzenfried” von Karl-Heinz Ott über den französischen Philosophen Jean-Jacques Rousseau findet sich in der Buchbesprechung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von Oliver Jungen eine schöne Rousseau – Schmähkritik:


“Alles an ihm ist Überschwang, Liebe wie Hass peinlich exaltiert. (…) In der Tat prädestiniert die skurrile Eitelkeit und die absurd gigantische Wirkung Rousseau unter allen Größenwahnsinnigen zum Romanhelden: ein Menschenfeind, den die Philanthropen liebten und den Artverwandte verfluchten. Nietzsche, Hammer-Philosoph, Pferdeküsser und Gekreuzigter, wollte bekanntlich ebenfalls zurück zur Natur, allerdings zur vernichtenden, weshalb er den Autor des „Gesellschaftsvertrags“ verdammte als „Missgeburt, die sich an die Schwelle der neuen Zeit gelagert hat“: Alles von ihm Geschriebene sei „falsch, gemacht, Blasebalg, übertrieben“, geradezu unerträglich sein moralischer Idealismus. (…) Ott stutzt den Popstar der (Anti-)Aufklärung auf Menschenmaß zurück, zeigt ihn als talentierten Aufschneider und sozial Inkompetenten, der bemitleidenswert durch eine Moderne stolpert, die ihn nicht nötig hatte. Dabei hält es der Autor wohl am ehesten mit Friedrich Kittler, der Rousseau kurzerhand als „dümmsten, paranoischsten und folglich politisch folgenreichsten aller Aufklärer“ charakterisiert. (…) Um die Mordgerüchte, die Lion Feuchtwanger noch einen ganzen Roman wert waren, macht Ott kein Aufhebens, lässt sein Buch aber mit derselben Elevation enden, welche allerdings die Vernarrung der Welt kennzeichnet: mit der Überführung des Leichnams ins Pantheon. Und dort liegt Rousseau bis heute – in einer Welt, die größenwahnsinnige Schwätzer vergöttert.”


(Oliver Jungen in der FAZ-Buchbesprechung von Karl-Heinz Otts Buch “Wintzenfried” über Rousseau)



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kommentare

  • Der erste “Mensch”, der eine willkürliche Grenze zwischen den Menschen gezogen hat (“ich Jude — Du Muslim!”), hat ein noch schlimmeres Verbrechen begangen als jener Rousseausche “Mensch”, der zum Zwecke seines Landbesitzes einen Pflock in den Erdboden gerammt hat…

    Leider hat dies offensichtlich niemand verstanden (weder “die Juden”, noch “die Protestanten”, noch “die Männer”, etc. etc.)

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