vonChristian Ihle 29.10.2012

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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In Zeiten der Kanalvielfalt und des programmierbaren Festplattenrecorders kann man sich bei ein wenig Beschäftigung mit dem TV-Programm tatsächlich ein schönes, frei empfangbares Filmprogramm zusammenstellen. Ein Film pro Tag:


Montag, 29.10.

Das unsichtbare Mädchen, ZDF 20.15


Dominik Graf ist von allen deutschen Regisseuren der beste Grenzgänger zwischen Kinoleinwand und Fernsehbildschirm. Nach seiner formidablen Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ ist er im Spielfilm „Das unsichtbare Mädchen“ wieder mit dem damaligen Hauptdarsteller Ronald Zehrfeld vereint. Die SZ war von der Erstaustrahlung mehr als begeistert: „Das Wichtigste aber ist, mit welcher Härte dieser Film erzählt wird. Keine Figur ist eindeutig, keiner nur gut oder böse, so wie man es sonst aus deutschen Krimis gewohnt ist. Moralische Fragen interessieren nicht, hier schläft sich eine junge Polizistin mit ihrem Chef nach oben, hier verprügeln sich Tanner und seine Kollegin Evelin Fink (Anja Schiffel) so brutal, dass nicht nur die Möbel des Hotelzimmers zu Bruch gehen, sondern auch die Sehgewohnheiten all derer, die von dem, was Friedrich Ani das „deutsche Filzpantoffel-Fernsehen“ nennt, seit Jahren eingeschläfert werden.“


Dienstag, 30.10.

Scott Pilgrim gegen des Rest der Welt, ZDFneo 20.15


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=JSHzP1Ffdeg[/youtube]


Die Comicverfilmung mit dem sympathisch-linkischen Michael Cera aus „Juno“ in der Hauptrolle ist Eskapismus par Excellence. Selten wurde mit so viel Freude in die Tagträumereien von Slacker-Nerds eingetaucht. Auch wenn die Verfilmung von „Scott Pilgrim“ nicht ganz den Charme der Comicvorlagen aufrecht erhalten kann und manchmal ein wenig zu arg in die Krach-Bums-Peng-Kiste greift und nicht die Tiefe von, sagen wir, „Ghostworld“ erreicht, sind das doch vergnügliche zwei Stunden mit sehr guter Besetzung.



Mittwoch, 30.10.

Blair Witch Project, ZDFkultur 22.15





Gerade weil man sich just im Kino von der Einfallslosigkeit von Paranormal Activity 4 quälen lassen musste, eine gute Gelegenheit sich mal wieder die Mutter aller Found Footage Filme einzuverleiben. Ohne Frage: Blair Witch Project kann auch gut nerven und es passiert lange Zeit ziemlich gar nichts, aber andererseits zählt die Schlußszene immer noch zu den gruseligsten Momenten der letzten zwanzig Jahre Kino.

Donnerstag, 1.11.

Nader und Simin – Eine Trennung, Bayern3 21.50


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Wda9wreIj_Y[/youtube]


Schon ein wenig rätselhaft, warum die Öffentlich-Rechtlichen einen dermaßen gefeierten und so aktuellen Film in der Spätschiene ihrer dritten Programme versenden. „Nader & Simin“ vom Iraner Asghar Farhadi hat für seine Trennungsgeschichte mit politischem Subtext nicht nur den Hauptpreis der Berlinale, sondern im gleichen Jahr sogar den Auslandsoscar gewonnen. Komplex und ohne einfache Antworten.


Freitag, 2.11.

Breaking Bad, 4. Staffel, Arte 21.45





„Breaking Bad“ gehört zu den wenigen TV-Serien, die tatsächlich von Staffel zu Staffel besser werden. Hatte Staffel 1 noch seine Schwierigkeiten, sich zwischen schwarzem Humor und depressiver Krimilandschaft zu entscheiden, ist spätestens in Staffel 4 das Leben in all seiner Härte am Werk. Zu Lachen gibt es nichts mehr, aber dafür zu bewundern, wie die Figur des Walter White endgültig zu einem der ambivalentesten „Helden“ einer großen Fernsehserie wird. Selten hat man so mit einem mordenden Meth-Brauer mitgefiebert. Arte zeigt jeden Freitag drei Folgen am Stück.


Samstag, 3.11.

Amer, ZDFkultur 22.30





Amer ist mit seinem psychedelischen Farbenrausch eine Hommage an die Giallo-Movies von Dario Argento aus den 70ern. Für seine Stilsicherheit gefeiert, polarisiert der Debütfilm von Hélène Cattet & Bruno Forzani zuweilen wegen des alten „style over substance“ – Vorwurfs wie die Village Voice in ihrer Kritik schön zusammenfasst: „The pleasures of this gorgeous, clever, and visceral film are almost exclusively aesthetic. Those unmoved or alienated by the porn of pain may be left flopping as nervelessly as one of the movie’s severed limbs.“



Sonntag, 4.11.

Watchmen, Pro7 22.45


[vimeo]http://vimeo.com/38649608[/vimeo]


„Watchmen“ ist eine Verrücktheit, „Watchmen“ ist wagemutig, „Watchmen“ scheitert grandios. Aber in seinem Scheitern an der vielleicht am meisten gelobten „graphic novel“ aller Zeiten ist Zach Snyders Verfilmung atemberaubend schön, mitreissend, rücksichtslos und weird. Allein die Eröffnungssequenz zu Bob Dylans „The Times They Are A-Changing“ hat mehr Grazie und Herz als jede andere Comicverfilmung der letzten zehn Jahre.

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