vonChristian Ihle 03.01.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Donnerstag, 03.01.
Joe Strummer – The Future Is Unwritten, arte, 23.15





Pflichtprogramm heute auf Arte! Die tolle Dokumentation von Julien Temple über den leider viel zu früh, bereits vor zehn Jahren verstorbenen Frontmann der „only band that matters“, The Clash. Temple gelingt es gut, die verschiedenen Facetten von Strummers sehr widersprüchlicher Persönlichkeit aufzuzeigen. Joe, eine ewige walking contradiction, war Hippie und Punk, Grassroots-Fanatiker und Rocknrollweltstar, Frontmann und Teil eines Kollektivs – all das zeigt Temples Dokumentation mit vielen wunderbaren alten Liveaufnahmen und – zum Großteil – interessanten Interviewpartner. Nur Nasen wie Johnny Depp hätt’s nun wirklich nicht gebraucht.



Alterntive: Zeiten des Aufruhrs, Das Erste, 23.00

…oder was Regisseur Sam Mendes so zwischen „American Beauty“ und dem neuen „James Bond – Skyfall“ gemacht hat. Diese Studie einer zerfallenden Beziehung, stark besetzt mit Leo DiCaprio und Kate Winslet, schmerzt. Kein leichter Film, aber ein guter.



Freitag, 04.01.

Sin City, Pro7, 23.30





Robert Rodriguez Adapation der graphic novel von Frank Miller ist vor allem visuell ein Meilenstein. Selten hat jemand das Über-Noir-Gefühl aus Comics dermaßen brillant in echte Bilder übertragen. Neben all dem Style ist aber auch die verschachtelte Story für eine Comicverfilmung überdurchschnittlich und gibt gleich einer ganze Reihe von Schauspielern die Möglichkeit zu glänzen, was im sonstigen Action-Krach-Bumm-Gewitter herkömmlicher Comicadaptionen ja leider fast nie geschieht. Bruce Willis in seiner Paraderolle als tougher, aber gebrochener Detective, Jessica Alba als Stripperin und verlorene Seele und natürlich Mickey Rourke als eine Art Glöckner von Sin City beeindrucken. Lediglich die mittlere Storyline mit Clive Owen fällt ab.



Alternative: Scarface, ARD, 2.35

Eine Legende des Gangsterfilms. Brian De Palmas Inszenierung über Aufstieg und Fall eines von Al Pacino gespielten kubanischen Exilanten, der zum Drogenkönig von Miami wird, ist immer auf die Zwölf. Sehr 80er, sehr Brian De Palma und sehr Al Pacino.



Samstag, 05.01.

Gone Baby Gone, Pro7, 22.55.


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=f99Ep0koG84[/youtube]


Ben Affleck wird durch einige unglückliche öffentliche Auftritte und recht durchschnittliche Filme als Darsteller gerne unterschätzt was seine Regiearbeiten anbelangt. Aber – wie jüngst auch im Kino wieder mit „Argo“ bewiesen – Affleck liefert immer überdurchschnittliches, manchmal beklemmend Gutes ab. „Gone Baby Gone“ über einen möglichen Mord an einer Vierjährigen in einem Bostoner Vorort ist neben seinem Crime-Drama „The Town“ sein bester Film. Wenn Affleck so weiter macht, wird er irgendwann der legitime Nachfolger auf Clint Eastwoods Regiestuhl.



Alternative: Heavy Metal trift Karniggels, NDR, 0.45.

Der deutsche Regiestar und ewige Norddeutsche Detlev Buck fährt nach Wacken und interviewt vier (!) Stunden lang die Besucher des größten Heavy-Metal-Festivals der Welt.



Sonntag, 06.01.

R.E.D., RTL, 22.15


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Ein überraschend gelungener Actionthriller, der gleichzeitig als Parodie auf das Genre funktioniert. Eine Riege Rentner, Pensionäre und alter Herren (plus Hellen Mirren) hatte den Geheimdienstschlapphut längst an den Nagel gehängt, doch nach einem Mordversuch an Ex-CIA-Agent Frank Moses (ein wunderbar selbstironischer Bruce Willis) wird die alte Truppe wieder zusammengetrommelt und versucht zu erfahren, wer es auf sie abgesehen hat.
Wirklich ein viel besserer Film als man erwarten würde, äußerst unterhaltsames Popcornkino für, ja, Alt wie Jung.



Alternative: A Single Man, ARD, 23.30

Ich geb’s zu: ich hätte nicht erwartet, dass US-Modedesigner Tom Ford einen dermaßen guten Film drehen würde. Dass „A Single Man“ stylish ist und manchmal eher bewegten Gemälden denn schnödem Film gleicht, ok, das kann man vielleicht noch erwarten von jemandem, der mit Style sein Geld verdient. Dass „A Single Man“ aber eine so subtile wie zu Herzen gehende Betrachtung über Einsamkeit, Außenseitertum und die Unmöglichkeit der großen Liebe wird, das war nicht zu erwarten. Chapeau!


Alternative 2: Pet Shop Boys – Pandemonium. 3sat, 2.20 Uhr

Aufzeichnung eines Pet Shop Boys Konzertes von 2009 aus der O2 Arena in London.


Alternative 3: Oasis – Electric Proms. 3sat, 4.05 Uhr

Aufzeichnung des Oasis Konzertes von 2008, das den Abschluss der Electric-Proms-Konzertreihe der BBC damals bildete.


Montag, 07.01.

Southland Tales, RTL2, 3.25


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=vtp14ikRvxo[/youtube]


Achtung, Polarisierungsgefahr! Die Mehrzahl hasst diesen Film, doch mancher kann sich dem Zauber dieses größenwahnsinnigen Chaos nicht erwehren. Eine komplett durchgeknallte, überbordende, viel zu viel wollende Idee einer Dystopie vom „Donnie Darko“ – Regisseur Richard Kelly, besetzt mit Stars, die allesamt entweder komplett absurd spielen, sich dem Overacting ergeben oder gar nicht wissen, was sie hier eigentlich machen, aber auf bizarre Art dann eben doch wieder „funktionieren“ – siehe u.a. Justin Timberlakes Musicalversion eines The-Killers-Songs in einem Kiosk, a propos of nothing:


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=wdhois-aiYs[/youtube]


Andererseits kann man Southland Tales auch so sehen wie Roger Ebert: It’s like the third day of a pitch session on speed. What does he imagine an audience feels like while watching this movie? Did his editor ever suggest that he might emerge with a more coherent product if he fed the footage through a revolving fan and spliced it together at random?. Anders gesagt: definitiv der außergewöhnlichste Film, der im heutigen Programm zu finden ist!



Alternative: State Of Play, ZDF, 22.15 Uhr

Dieser 2009er Kinofilm mit Russel Crowe basiert auf einer gefeierten Politthrillerserie der BBC von 2003. Ganz so begeistern kann die Kinoversion nicht, ist aber dennoch im Rahmen seines Genres sehenswert.


Dienstag, 08.01.

Der Soldat James Ryan, Kabel1, 20.15


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=zwhP5b4tD6g[/youtube]


Man muss natürlich – wie meist bei amerikanischen Kriegsfilmen – über all die Kübel Pathos hinwegsehen können, um „James Ryan“ zu mögen. Abgesehen davon ist Spielbergs behind enemy lines – Story über einen Rettungstrupp für einen von Nazis in Deutschland gefangen genommenen Soldaten (Matt Damon) aber handwerklich gut gemacht, top besetzt und mit dem einen oder anderen verstörenden Moment (vor allem die Landungsszene an der Normandie, die 1998 für neue Maßstäbe bei der Darstellung von Blut und Gewalt im Mainstream-Kino sorgte).



Alternative: Too Much Future – Punk in der DDR, RBB, 23.30 Uhr

Dokumentation über die Punkszene in der DDR, vor der Wiedervereinigung. Ein fesselnder Rückblick auf eine Musikszene, die gegen Autoritäten gerichtet ist und so natürlich in einem autoritären Staat nur anecken kann. Faszinierend.



Mittwoch, 09.01

The Fall, Arte, 22.40


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=iO0LYcCoeJY[/youtube]


„The Fall“ gehört – wenn schon nicht im Kino! – auf einem Breitbildfernseher in HD betrachtet. Die Story von Tarseem Singhs visueller Extravaganz ist zu vernachlässigen (und leider auch ein wenig arg öd), aber diese Bilder! Wahnsinn. Vor allem, wenn man sich noch bewusst macht, dass der Film an Originalschauplätzen gedreht wurde und eben nicht im Computer entstanden ist. „The Fall“ mag zwischendurch langweilig sein, aber er enthält Bilder, die man nie vergisst.



Alterntive: Lone Star, Hessen3, 0.15 Uhr

US-Indie-Kino mit Hang zum epischen Erzählen. In einem texanischen Dorf wird ein Skelett entdeckt, Regisseur John Sayles nutzt das als Anker um eine polistische, soziale Abhandlung über die Spannungen zwischen Bewohnern, den Generationen und den Ethnien zu erzählen.



Donnerstag, 10.01.
The Future, WDR, 23.15


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I’ve seen The Future, baby. It is hipster, um Leonard Cohen zu paraphrasieren. Multikünstlerin und Independentikone Miranda Julys zweiter Film nach dem umjubelten „Ich und du und alle, die wir kennen“ erzählt die Geschichte eines Paares Mitte 30, das nach Sinn, Orientierung und dem W-LAN sucht. Mit scharfem Blick seziert July urkomisch in der ersten Hälfte die Hipster-Leben bevor sie im zweiten Part stark ins Surreale abgleitet. Obwohl zumeist ihr Debütfilm als bemerkenswerter bezeichnet wird, bevorzuge ich persönlich tatsächlich „The Future“.



Alterntive: Prinzessinenbad, Phönix, 22.15

Drei Kreuzberger Gören und ihre Suche nach Struktur in ihrem Leben. Ein bemerkenswerter Dokumentarfilm von 2007, der ein überraschender (aber verdienter!) Publikumserfolg wurde und mit Sätzen wie „ich komm aus Kreuzberg, du Muschi!“ durchaus bleibende popkulturelle Wirkung entfalten hat. Sehenswert.


Freitag, 11.01.

Independence Day, Sat1, 20.15





Ja, das Ende ist nicht nur großer Quatsch, sondern auch vom Pathoslevel her kaum zu ertragen, aber dennoch steht „Independence Day“ in der Tradition der großen Event-Popcorn-Blockbuster, die man tatsächlich anschauen kann ohne mit dem Kopf allzu oft gegen die Wand zu schlagen, direkt neben „Jurassic Park“ oder dem ersten „Spider-Man“. Die riesigen tellerförmigen Raumschiffe haben uns ja schon in unserer Jugend bei „V – Die Ausserirdischen“ so sehr fasziniert, dass wir Emmerich zugestehen, dass er sich die Idee einfach mal geborgt hat.


Alternative: Das Imperium der Wölfe, ZDFneo, 22.15

Ein toller Beginn lässt einen zunächst auf einen formidablen französischen Actionthriller mit everybody’s darling Jean Reno hoffen, doch leider entgleitet die Story mit fortschreitender Stunde.

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