1. Der Film in einem Satz:
Die Stallonisierung des Bruce Willis.
2. Darum geht‘s:
John McClane, alter Recke der New Yorker Polizei, muss entdecken, dass sein Sohn wegen eines Attentatsversuchs in einem russischen Gefängnis einsitzt. Flugs macht sich McClane auf den Weg nach Moskau, um der Gerichtsverhandlung beizuwohnen. Da neben dem Junior auch ein milliardenschwerer Oligarch angeklagt ist, kommt es zu einem Zwischenfall: das Gerichtsgebäude wird bebombt, um die Aussage des Oligarchen zu verhindern, die den Innenminister belasten könnte. McClane rettet Sohn und Oligarch und auf geht’s – warum auch nicht – nach Tschernobyl, wo Herr Oligarch eine Akte mit belastendem Material versteckt hält…
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„Stirb Langsam – Ein guter Tag zum Sterben“ ist nun die vierte Fortsetzung des besten Actionfilms aller Zeiten, jenes epochalen Werkes von 1988, gedreht von John McTiernan. Gerade weil die ersten beiden Fortsetzungen den Ruf des Originals nicht ruinieren konnten und entweder als handwerklich hervorragende Variation des ersten Teils („Die Harder“ von Renny Harlin) oder als überraschende Neuinterpretation („Die Hard With A Vengeance“, wieder von McTiernan gedreht) fast schon sensationell starke Sequels waren, ist die Bürde einer neuen Stirb Langsam – Auflage eine andere als bei den allermeisten anderen Franchises.
„Stirb Langsam 5“ ist ein solider Actionfilm geworden, der allerdings auch auf handwerklicher Ebene durchaus seine Schwächen hat. So wäre zum Beispiel ein Drehbuch eine gute Idee gewesen und Regiesseur John Moore, dessen Karrierehöhepunkt zuvor ein halbwegs kompetentes Remake von „Das Omen“ war, zeigt sich auch nicht immer auf der Höhe der Zeit, was die Choreographie seiner Actionszenen angeht. Natürlich kracht bummst und pengt es in Stirb Langsam 5, was das Zeug hält, aber der großen Verfolgungsjagd oder auch dem Tschernobyl-Showdown fehlt die inszenatorische Rafinesse, die man beispielsweise „Stirb Langsam 4“ noch bei all seiner Absurdität auf der Habenseite anrechnen musste.
Das Hauptproblem von „Stirb Langsam 5“ liegt allerdings woanders: in einem völligen Missverstehen seiner Hauptfigur. Es ist beinah schon verblüffend, wie man eine Serie wie Stirb Langsam wieder aufnehmen kann und dabei, bis auf ein, zwei Gimmicks (ja, Bruce Willis sagt „Schweinebacke“, ja, der Topterrorist stürzt und saust mit weit auf gerissenen Augen seinem Verderben entgegen, ja, Bruce Willis beklagt sich über die fehlende Erholsamkeit seines „Urlaubs“) komplett die ursprüngliche Idee der John McClane – Figur aus den Augen verliert.
„Stirb Langsam 5“ ist ein entkernter „Stirb Langsam“, der ein Sakrileg begeht und im Grunde Geschichtsklitterung betreibt. Mehrfach wird im Film erwähnt, dass McClane eine Art Kampfmaschine wäre, die als Antwort auf Probleme nur das spontane Ballern mit Maschinengewehren kennt – absurd! Gerade das Gegenteil ist der Fall und war immer der Reiz der „Stirb Langsam“-Filme. McClane ist eben gerade kein Superman, kein Rambo, kein Terminator – sondern der Average Joe, der wieder und wieder in missliche Situationen gerät, aber dank Einfallsreichtum, Mut und Cleverness über sich hinaus wächst. Bruce Willis hatte 1988 mit John McClane den verletzlichen Actionstar in das Genre eingeführt und damit nicht weniger als eine Revolution losgetreten. Vor ihm waren Schwarzenegger und Stallone die Herrscher über das Actiongenre, Kampfmaschinen, unzerstörbar, unverletzlich, emotionslos. McClane war in jeder Hinsicht das Gegenteil: hier war einer, der nicht kämpfen wollte, der gar nicht wusste, dass er kämpfen konnte. Hier war eine Figur, die an den Widrigkeiten des Lebens verzweifelte, deren Gutherzigkeit das herausstechende Merkmal war und die immer eine Traurigkeit über ein verpfuschtes Leben in sich trug.
Und vor allem war McClane eine Projektionsfläche für das Leiden an sich. McClane war verletzlich. Die härteste, schmerzhafteste Szene der 80er wurde nicht durch Gewehrsalven aus den MGs der Stallones und Schwarzeneggers verursacht, sondern ist der Barfüssigkeit John McClanes zu verdanken. Als Bruce Willis ohne Schuhe durch ein Meer an Glasscherben laufen muss und sich in einer faszinierend ruhigen Szene, an der Situation verzweifelnd, jede einzelne Glasscherbe aus dem wild blutenden Fuß ziehen muss, wurde uns Zuschauern die Möglichkeit gegeben, mitzuleiden, ja, nachzuvollziehen, was dieses Actionspektakel denn eigentlich für den Menschen in der Mitte bedeutete.
Dass „Stirb Langsam 5“ nun John McClane zu einer Killermaschine macht, die lieber schießt als denkt, ist der größte Fehler des Films, beraubt er doch die „Die Hard“-Serie ihrer größten Stärke. Dass „Stirb Langsam 5“ aber so tut, als wäre John McClane schon immer so gewesen, das ist nicht weniger als eine Frechheit und eine Beleidigung einer der interessantesten Figuren, die das Mainstream-Kino in den letzten 40 Jahren geschaffen hat.
Was bleibt also? Ein solider Actionfilm, der nur dem Namen nach ein „Stirb Langsam“-Teil ist, sich eines James-Bond-reifen Plots bedient und beinah rührend im Subtext den Turbokapitalismus Russlands kritisiert.
3. Der beste Moment:
Bruce Willis immer noch beeindruckende Coolness. Während die Expendables-Kollegen wie botoxgespritzte Testosteron-Wachsfiguren wirken, strahlt Bruce Willis eine Klarheit und Jugendhaftigkeit aus, von der Stallone, Schwarzenegger und Co nur träumen können.
4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Wer es geil finden würde, wenn bei „Expendables 3“ die Absurditätshöhen einer James-Bond-Storyline erreicht werden würden.
* Regie: John Moore
* imdb