Da ist mir die WELT jetzt tatsächlich zuvor gekommen, wollte ich doch einen derartigen Text auch schon ewig mal zusammenfassen: Fußballer und ihre Lieblingslieder!
Dass der Musikgeschmack „unserer“ Fußballstars diesseits von Mehmet Scholl fürchterlich sein würde, hatten wir schon immer geahnt. Scholl ist in der Zwischenzeit ein respektabler Radio-DJ geworden und ließ einst auf seinem Abschiedsspiel die kanadische Queercore-Band Hidden Cameras auftreten, was gerade im ultra-homophoben Kontext der Fußballszene schon ein sehr schönes Fuck You war. Zum Hidden-Cameras-Hit „Golden Streams“ existiert im übrigen auch ein, nun ja, sehenswertes Video:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=TxO3FpUtohw[/youtube]
Der Rest dagegen: The Bad, The Bad & The Ugly
(Marcell Jansen und der Ärger, wenn der Tätowierer sich bei der Lieblingsband verschreibt! ScorpionS, ffs!)
Wer dagegen die Frisuren von Mario Götze und Marco Reus sieht, den wundert die Justin-Bieber-Vorliebe ebenso wenig wie er es überraschend findet, dass Ganzkörpertattooteppiche wie bei Marcell Jansen auf eine Vorliebe für Proll-Rap der Marke Bushido hindeuten – folgerichtig hat sich Jansen auch schon so bei dem Ex-CDU-Praktikanten Bushido angebiedert, so dass beide zusammen auf der Bühne standen:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=IAa_IsecFy8[/youtube]
… eine Ehre, die übrigens auch schon Dortmunds Roman Weidenfeller widerfahren ist. Auch nicht besser: Jerome Boateng, der den Frauenschläger Chris Brown verehrt.
Dass Toni Kroos ausgerechnet aber auf Pur steht…
Toni Kroos hingegen schwärmt für Pur, mit Sänger Hartmut Engler ist er eng befreundet. Der Nationalspieler kann alle Lieder der Band mitsingen und besucht gern ihre Konzerte.
ist dermaßen passend, dass man ein klein wenig Freude nicht verhehlen kann. Meine Güte, der Kerl ist noch keine 25 – hatte der denn überhaupt keine Jugend?
Fast sympathisch wirkt es dagegen schon, wenn David Alaba (Bayern München) sich vom holländischen Nationalspieler Ryan Babel (Ex-Hoffenheim) filmen lässt, wenn er beim cruisen über deutsche Autobahnen aus voller Kehle Justin Bieber mitsingt:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=uh7EM5-KYH4[/youtube]
… und damit schon mal stimmfester klingt als Vereinskollege Holger Badstuber, der vor einigen Wochen ein mehr als bizarres Video von sich selbst auf youtube hochgeladen hat, bei dem er einen Union-Berlin-Fangesang vor dem Fernseher anstimmt. WTF?!? sagen die jungen Leut‘ dazu dann wohl:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=y3wxXxhnmdA[/youtube]
Die Welt listet übrigens auch explizit die Top-Songs von sechs Stars auf – da die hiesige Leserschaft in diesen Kreisen hoffentlich ja nicht allzu bewandert ist, habe ich mir die Mühe gemacht, die Songs zum An- bzw. besser: Reinhören herauszusuchen:
Jerome Boateng (Bayern München): „Beautiful People“ von Chris Brown
[vimeo]http://vimeo.com/21395492[/vimeo]
Dennis Aogo (Hamburger SV): „Clique“ von Kanye West feat. Big Sean und Jay-Z
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=8jZasfaJKH8[/youtube]
Oscar Wendt (Borussia Mönchengladbach): „Diamonds“ von Rihanna:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=lWA2pjMjpBs[/youtube]
Marco Reus (Borussia Dortmund): „Champions“ von Ron Artest
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=mRrN4pmEuQA[/youtube]
(kurios übrigens: Ron Artest hatte für seine Basketballkarriere offiziell seinen Namen in Metta World Peace ändern lassen. Bizarr, dass er ausgerechnet für seine Hip-Hop-Platten dagegen seinen Geburtsnamen verwendet – spricht daraus die Sorge, dass er unter seinem Künstlernamen von Fans von Old Dirty Bastard, Ice Cube oder Ghostface Killah nicht ernst genommen werden würde??) Anm. aus den Kommentaren: wahrscheinlich hat Artest den Song 2010 geschrieben, sich aber erst 2011 offiziell in Metta World Peace umbenannt.
Benedikt Höwedes (FC Schalke 04): „Can’t Hold Us“ von Macklemore & Ryan Lewis
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=bgjwAZ9TR3U[/youtube]
Höwedes hat dabei noch den kredibelsten Musikgeschmack, immerhin finden sich in seiner Top-6-Liste noch Coldplay (na gut…), M.I.A. (mit Bad Girls) und der alte Hippie-Priester Edward Sharpe mit dem tatsächlich tollen „Home“ wieder:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=rjFaenf1T-Y[/youtube]
Andre Schürrle: „Sovereign Light Cafe“ von Keane im Afrojack Remix:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=Jw8KWpcvt4U[/youtube]
Im Kicker gab zudem der Dortmunder Ilkay Gündogan kürzlich ebenfalls seine Vorlieben preis:„Der Rapper Pitbull macht richtig gute Musik, auch mit anderen Künstlern!“
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=qjzZRInf91c[/youtube]
An selber Stelle entblödete sich Julian Schieber übrigens vor ein, zwei Jahren auch nicht, Dieter Bohlen nicht nur für seine geile Musik abzufeiern, sondern gleich in den Rang „des bedeutendsten Deutschen“ zu erheben (ja, der Kicker stellt tatsächlich solche Fragen):
„Dieter Bohlen. Egal. was er macht, er ist lustig anzuschauen und unterhält mich bestens. Er hat mit seiner Musik und seinem Entertaiment unglaublich viel erreicht und viel geleistet.“
P.S.: Abgesehen davon dass sich der Welt-Artikel ein klein wenig wie ein „Erlebnisaufsatz aus den Schulferien“ liest, ist es fast bezeichnend, dass einer der wenigen guten dort aufgeführten Acts auch dem Autor selbst noch völlig unbekannt zu sein scheint…
… denn „Ocean“ ist natürlich kein Künstler, der mit „Lost Frank“ einen Megahit landen konnte, sondern vielmehr der gute Frank Ocean mit seinem Song „Lost“:
[vimeo]http://vimeo.com/46850186[/vimeo]
(Mit Dank an Dembowski für den Hinweis auf den WELT-Artikel!)
Den Vergleich mit dem Mathe-Prof. finde ich sehr treffend.
Natürlich sind Geschmäcker unterschiedlich und ich möchte niemanden anhand von soetwas verurteilen, aber ich finde, dass man durchaus zwischen „echter“, ehrlicher und kulturellen Wert beinhaltender Musik und auf der anderen Seite wertloser, profitorientierter Wegwerf-Popmusik unterscheiden kann/sollte. Und einige der genannten Stücke sind durchaus Paradebeispiele für letztere Kategorie. Allerdings habe ich persönlich durchaus Verständnis für Menschen, die Musik eher beiläufig und oberflächlich hören und keinen differenzierten Geschmack entwickelt haben. Das einzig Ärgerliche daran ist für mich, dass diese den Erfolg eben erwähnter Art von Musik erst ermöglichen, der unverdienter kaum sein könnte.