Während man sich im Feuilleton von FAZ und Spiegel hinsichtlich des ZDF-Dreiteilers „Unsere Mütter, unsere Väter“ mit eher etwas überraschenden Lobpreisungen gegenseitig zu übertreffen trachtet, ruft die Zweitweltkriegs-Miniserie andernorts auch viel Kritik hervor:
„Manche Dinge, die einem vorgesetzt werden, sind ja so evident dumm und rundum nicht satisfaktionsfähig, dass man die Schulter zuckt und sich lieber mit dem nächsten Schönen, Wahren und Guten oder doch wenigstens dem auf interessante Weise Verfehlten befasst. Genauer gesagt sind sehr viele Dinge so, quasi die meisten. Was das ZDF grade mal wieder in seinem History-Wahn präsentiert, eine dreiteilige Serie namens „Unsere Mütter, unsere Väter“ ist von der Sorte. Eine Nazi-Oper, die ein bisschen schuldbewusst tut, indem sie fünf junge Deutsche Richtung Ostfront befördert und dort zusehends weniger edel und aufrecht und hilfreich sein lässt – die in Wahrheit aber nur mal wieder die alte Mär vom bösen Krieg und noch böseren Hitler erzählt, der die Nation überfiel und aus im Grund ihres Herzens guten Deutschen beinahe fast so etwas wie böse Menschen werden lässt.
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Also ganz der übliche Schmonzettenrotz, mit Schtzngrmm und Krankenschwester und intellektuell und sowieso knapp überm filmdramaturgischen und geschichtserzählerischen Analphabetentum. Ignorierte man besser weg, drehte nicht die Journaille am Rad. Frank Schirrmacher sieht, oberpathetisch wie stets, die letzte Chance zur Generationenversöhnung durch Vergangenheitsaussprache. Mit Formulierungen wie „Selten zuvor beispielsweise hat man so sehr verstanden…“ oder „Und eigentlich noch nie hat man so klar sehen können“ adelt Schirrmacher das Klippschulfernsehen auf eine Weise, die man eigentlich nur mit Umnachtung irgendwie entschuldigen bzw. nur mit seiner bekannten Quartals-National-Schuld- und Schande-Besoffenheit erklären kann, deren logische Folge der nächste Courage-Bambi für wen der Beteiligten auch immer sein dürfte. Burda ist da sicher zu Diensten. Aber gut, Schirrmacher nimmt eh keiner ernst. Könnte man also weiter ignorieren, wäre da nicht, und zwar flächendeckend, der Rest, dem die Ansicht des Machwerks offenbar den Verstand weggeschossen hat. Nikolaus von Festenberg gibt im Tagesspiegel den Franz Josef Wagner der Fernsehkritik und preist mit höherer Quatschdialektik den faktischen Unsinn des Films: „Zur historischen Wahrheit im fiktiven Fernsehen gehört neben Faktentreue auch eine kleine Rebellion gegen die Fakten, die trotzdem der Wahrheit dient.“ In der FR/Berliner Zeitung macht Klaudia Wick deutlich, dass sie vom amerikanischen Serienwesen so wenig begreift wie vom deutschen, indem sie letzteres schamlos mit Rotz wie dem vorliegenden im selben Atemzug nennt.
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was an „Unsere Mütter, Unsere Väter“ am allerdämlichsten ist: die Dialoge und des Off-Erzählertexts nämlich. Was da aus den Mündern der keineswegs unbegabten Darsteller purzelt, ist nicht einfach nur dead on arrival. Das auch. Vor allem aber wird immer alles schön ausbuchstabiert. Ohne Subtext, ohne Witz, ohne Gefühl oder Sinn, das sowieso, für die historische Sprache.
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„Unsere Mütter, unsere Väter“ ist ein von jeder inneren ästhetischen Spannung befreites Volkserziehungsunternehmen. Dafür ist Geld da. Bei sowas steht das versammelte Feuilletonwesen Nationalhymne bei Fuß. Man identifiziert sich aber sowas von hundertprozentig mit der didaktisch-erzieherischen Intention. Der böse Krieg unterm bösen Hitler ging unter unseren Müttern, Großmüttern, Vätern und Großvätern wohl verloren. Schlimmer noch: Wir sahen nicht gut aus dabei. Wäre aber gelacht, ließe sich da nicht nachträglich noch etwas machen. Schließlich sind wir Knopp (und teamworx) sei Dank das historisch besterzogene Volk der Welt. Weltmarktführer quasi im Büßen. Und da haben wir ihn dann wieder: Unseren moralischen Sieg. So viel Verlogenheit sollte man besser wirklich nicht ignorieren.“
(Ekkehard Knörer bei Cargo Film)
Mit Dank an Carsten!
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