vonChristian Ihle 05.07.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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„Musikalisch monoton und auf öde Weise anzüglich: Rihanna gibt in der Mehrzweckhalle am Ostbahnhof ein äußerst tristes Konzert.
(…)
Im ersten Akt trug sie klobige schwarze Straßenstrichstiefel und sang technoid rhythmisierte Lieder von ihren jüngsten beiden Platten. Im zweiten Akt trug sie etwas weniger klobige weiße Straßenstrichstiefel und sang etwas ältere, von schunkelnden Reggaebeats beherrschte Stücke wie „Rude Boy“ oder „Man Down“.
(…)
Das Publikum schien Rihanna durchaus zugetan zu sein. Doch wollte es nie wirklich in Wallung kommen. Es tanzte nicht und hüpfte nicht und zeigte auch ansonsten kaum körperliche Zeichen der Euphorie. Der Grund dafür dürfte in dem Umstand zu suchen sein, dass die meisten Lieder von Rihanna sich weder im Tempo noch im Rhythmus noch in ihrer musikalischen Dramaturgie zum euphorischen Hüpfen und Tanzen oder sonst irgendeinem vom Zuschauer zu bewältigenden Gesamtkörpereinsatz eignen. Sie eignen sich vielmehr vor allem dazu, sich rhythmisch mit der gekrümmten Hand an der Scheide zu reiben, mit der flachen Hand rhythmisch auf die Scheide zu schlagen oder aber durch hektische Bewegungen der Hüfte die darunter angebrachten Pobacken zum Wackeln zu bringen: drei Arten der Unterleibschoreographie, die Rihanna an diesem Abend bis zur Monotonie wiederholte, die im Publikum aber nur wenig Nachahmerinnen zu finden vermochten; von Nachahmern ganz zu schweigen, denn Männer schlagen sich ja eher ungern mit der flachen Hand in den Schritt, weil es dann weh tut, und auch beim Pobackenwackeln halten sie sich meist zurück.
(…)
Was gibt es in musikalischer Hinsicht zu berichten? Es gab einige Stellen, an denen Rihanna sang. Und unter den vier von ihr gemieteten Bühnenmusikern befand sich ein bekannter Virtuose des steroid aufgepumpten Gitarrengegniedels, nämlich der von der Gruppe Extreme bekannte Nuno Bettencourt. Er spielte etwa in dem Stück „Numb“ ein für sich genommen sehr schönes, im Gesamtzusammenhang aber überaus unpassendes Solo, und zwar an der Stelle, an der Rihanna normalerweise im Duett im Eminem rappt. Wie Rihanna, musste sich auch Nuno Bettencourt zwischen den Akten immer wieder umziehen; eine Verpflichtung, der er sich seinerseits eher lustlos entledigte: Mal trug er ein Hemd, mal eine Motorradjacke, mal hatte er eine Wollmütze auf, mal wieder nicht.

Zu dem Stück „Cockiness (Love It)“, zu deutsch etwa „Schwanzigkeit (liebe es)“, wurde übrigens auf einer halbrunden Projektionsfläche über der Bühne ein Videofilm abgespielt, in dem Rihanna die Abbruchkante eines über ihr hängenden Felsens ableckte! Dieser Felsen schien sehr lecker zu schmecken, denn Rihanna konnte gar nicht genug von ihm bekommen, und bald bildeten sich lange Fäden aus Speichel zwischen ihrer Zunge und dem Gestein.“

(Jens Balzer in der Berliner Zeitung über das Berliner Rihanna-Konzert)


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