Byzantium (Regie: Neil Jordan)
1. Der Film in einem Satz:
Vampire und Feminismus: ein Kampf bis aufs Blut.
2. Darum geht‘s:
200 Jahre wandeln Mutter Clara und Tochter Eleanor nun schon auf englischem Boden, aber die Jahre haben keine Spuren hinterlassen: die beißend scharf aussehende Clara (Bond-Girl Gemma Arterton) arbeitet immer noch gern als Stripperin und Gelegenheits-Prostituierte, während die zwischenzeitlich in einem kirchlichen Waisenhaus aufgewachsene Eleanor (Saoirse Ronan) die ewige, streng protestantisch erzogene 16jährige bleibt.
Dieser Mutter-Tochter-Konflikt könnte schon genug Erzählstoff bereithalten, aber es gibt auch noch das Vampir-Patriarchat, das Jagd auf die beiden Vampirdamen macht, da, vereinfacht gesagt, in Vampirhausen die Frau an den Herd gehört und im Gegensatz zu männlichen Blutsaugern keine weiteren Vampire züchten darf.
Regisseur Neil Jordan, der in seiner Filmographie unter anderem „Interview mit einem Vampir“ stehen hat, erzählt seine Untoten-Geschichte in einem klassischen, recht ruhigen Tonfall, der – wenn die junge Eleanor versucht, Kontakt mit der Außenwelt, mit Menschen zu knüpfen – durchaus an den schwedischen Arthouse-Vampirerfolg „Let The Right One In“ erinnert.
Dennoch fließt hier Blut in Strömen und fliegen abgetrennte Köpfe durch die Luft, dass man manchmal etwas überrascht ist, wie brutal Jordan diese Geschichte bebildert, die hinsichtlich der dahinter stehenden Grundgeschichte doch eigentlich auf adoleszente Damen als Zielgruppe abstellen dürfte.
Vielleicht ein wenig überlang und in der Breite seiner Erzählung auch überambitioniert, aber sicherlich unterhaltsamer und besser als „Twilight“ bis „Harry Potter“.
3. Der beste Moment:
Der Moment der Vampirwerdung: auf einem einsamen Eiland wechselt der Wasserfall seine Farbe, wird Wasser zu Blut. Beeindruckende Bilder, die Jordan hier findet!
4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Wer die Ruhe von „Let The Right One In“ gerne mit einer epischen Erzählung kombiniert sehen möchte und dabei im Subtext Fragen des „wo gehöre ich persönlich hin?“ bis „welche Rolle schreibt mir die Gesellschaft zu?“ verhandelt haben will.
* Regie: Neil Jordan
* imdb
——-
Drug War (Regie: Johnnie To)
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=yVRd40bOPpk[/youtube]
1. Der Film in einem Satz:
Ein amoralisches Katz-und-Maus-Spiel.
2. Darum geht‘s:
Ein Drogendealer wird nach einem Autounfall festgenommen und erklärt sich bereit, als Kronzeuge und Spitzel die Dealer-Aristokratie Chinas auffliegen zu lassen, wenn er dafür nur milde bestraft wird.
Undercover-Aktion um Undercover-Aktion wird aufeinander getürmt, die Stroh- und Hintermänner aufgedeckt als wär man in einem russischen Puppenspiel und mit jeder Wendung eskaliert die Geschichte ein wenig mehr bis, ja, bis das große Finale kommt, der letzte Plot-Twist gedreht, der letzte Schuß, die letzte Patrone gefeuert ist. Und wie!
Johnnie To, der manische Dauerfilmer aus Hongkong (sage und schreibe 56 (!) Filme hat der Gute schon gedreht), ist erneut im Gangster-Genre unterwegs, aber wie so oft in seinen Polizei-und-Verbrecher-Filmen erzählt er eine klassische Blaupause mit einem eigenen, immer etwas absurden Touch. So auch in „Drug War“, das sich im Grunde um die üblichen Fragen wie Loyalität und Vertrauen dreht, aber im Subtext auch immer die Absurdität des Ganzen signalisiert, so dass eine seltsame Mischung aus traurigem Realismus, filmischer Poesie, körperzerfetzender Brutalität und subtilem Humor aufeinander prallt.
Nirgendwo mehr als im großen Shoot Out gegen Ende des Films, der gute zwanzig Minuten dauert und so noch nicht gesehen wurde. Hier wird nicht in Zeitlupe Sam Peckinpah nachgeahmt wie das der überschätzte Pate des Hongkong-Actionkinos John Woo immer gern inszeniert hat, sondern mit schnellen, aber immer klaren Schnitten das esaklierende Element des Kampfes jeder gegen jeden auf die Spitze getrieben. Eines der beeindruckendsten Actiontableaus der letzten Jahre, auf Augenhöhe mit dem berühmten Shoot Out aus dem amerikanischen Edelthriller „Heat“.
3. Der beste Moment:
DIESER Shoot Out! Atemberaubend. Selbst wenn man an Schußwechsel-Choreographien allein keine allzu große Freude hat, wird man sich für diese 15 Minuten begeistern können!
4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Wer Genre-Filme mag, aber das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Polizei und Verbrechern gern mit einem absurden Drall versehen möchte. Und, nun ja – auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: wer großartig inszenierte Schußwechsel schätzt.
* Regie: Johnnie To
* imdb