vonChristian Ihle 06.11.2013

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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1. Der Film in einem Satz:


So ein Thanksgiving? Thanks, but no thanks.


2. Darum geht‘s:


Die Familie Davison trifft sich zum Thanksgiving Dinner. Auch die Tochter und beide zerstrittene Söhne mit ihren jeweiligen Partnern reisen an, zum allein stehenden Haus auf dem Land.

Die Stimmung wäre bei großen Wiedervereinigungsfeiern in dysfunktionalen Familien schon explosiv genug, so dass es die drei mit Schweinsmasken verkleideten Mörder und Thanksgivingterroristen im Vorgarten gar nicht bräuchte. Doch zu den emotionalen Angriffen gesellen sich nun auch tatsächliche Metzeleien – und ein Familien-Mitglied nach dem Nächsten beißt in Gras statt Truthahn.


[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=aRq1SmwJnN0[/youtube]


Was zunächst wie ein klassischer Home Invasion – Film der Marke „The Strangers“ klingt (der ein, im übrigen, hervorragender Horrorfilm war), wird nach und nach zu etwas ganz Eigenem, entwickelt „You’re Next“ doch neben aller Brutalität, Spannung und Horror auch noch auf überraschende Art Humor, ohne dabei aber in Comedy abzudriften.

Wie Regisseur Adam Wingard im Fortlauf der Geschichte die Balance zwischen diesen beiden Polen hält, ist beeindruckend und durchweg gelungen. Womöglich erklärt sich so auch, dass offensichtlich im Indie-Hollywood eine Clique existiert, die gleichermaßen straighte Horrorfilme als auch indier-than-thou-Genres wie Mumblecore bevorzugt: so spielt Joe Swanberg – jemand, der gemeinsam mit Greta Gerwig durchaus als mitverantwortlich für den ganzen Mumblecore-Hype gelten darf – den karrieristischen BWL-Studenten-Bruder, der beim Thanksgiving-Essen den Freund der Schwester mit Beruf „Underground-Regisseur“ beleidigt – der wiederum von Ti West gespielt wird, einem der wichtigsten jungen Horror-Regisseure Amerikas (u.a. „House Of The Devil„). Zwischen den beiden entspinnt sich im Folgenden ein schöner Dialog über das Wesen des Underground-Films, den ausgerechnet Mumblecore-Swanberg mit den Worten beschließt, dass die höchste filmische Kunstform sowieso der Werbeclip sei, da er in kurzer Zeit den größten Eindruck vermitteln müsse. Die Schwester der beiden zankenden Brüder ist wiederum Amy Seimetz, die gerade mit „Upstream Colour“ von Shane Carruth den verrücktesten Indie-Film des Jahres gedreht hat.

Unabhängig davon stiehlt aber Sharni Vinsson als überraschend kämpferische Heroine Szene um Szene und definiert die klassische „Final Girl“ – Rolle so von Grund auf neu, dass man unweigerlich an Jamie Lee Curtis Star-Werdung in „Halloween“ denken muss.

Ein durch und durch unterhaltsamer, harter, lustiger, beeindruckender Film. Der Horrorfilm des Jahres und vielleicht, womöglich, der beste seiner Art seit dem ersten „Scream“ vor all diesen Jahren.



3. Der beste Moment:


Je nachdem, zu welchem Pol man eher neigt: die nervenzerfetzende Spannung, wenn erstmal die Home Invasion der Schweinsmaskenkiller so richtig Fahrt aufnimmt – oder die beinah absurde Komik, wenn Final Girl Sharni Vinsson zurückzuschlagen beginnt.


4. Diese Menschen mögen diesen Film:


Wer ein wenig Härte und Blut vertragen kann, muss sich eigentlich bei „You’re Next“ bestens unterhalten. Wer Horrorfilme liebt: sowieso.


* Regie: Adam Wingard
* imdb

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