1. Der Film in einem Satz:
Werner Herzogs last shot at mass communication, sein Lawrence Of Arabia.
2. Darum geht‘s:
Die junge, intelligente und rastlose Engländerin Gertrude Bell bricht zu Beginn des 20. Jahrhunderts in die arabische Welt auf und wird dort zu einer nimmermüden Reisenden in Sachen Völkerverständigung. Sie bereist mit einer kleinen Gruppe die Wüste, besucht verschiedene Beduinen-Stämme und erweist sich als Meisterin der Diplomatie.
Schon in der Geschichte ist angelegt, dass Werner Herzog hier das Bild einer weiblichen Lawrence Of Arabia zeichnet (und tatsächlich begegnet seine Gertrude Bell auch der Hauptfigur aus David Leans berühmtem Wüstenepos, dem jungen T.E. Lawrence, der von – I kid you not! – „Twilight“s very own Robert Pattison gespielt wird).
Dass Herzog auch einer der wenigen lebenden Regisseure ist, der Bilder findet, die sich hinter Leans Demonstration der Möglichkeiten des Breitwandkinos nicht verstecken muss, überrascht auch nicht, kennt man Filme des Deutschen wie „Aguirre“, „Fitzcarraldo“ oder „Lektionen der Finsternis“.
Dass die Biographie von Gertrude Bell das Interesse Werner Herzogs geweckt hat, ist passend, sind Herzogs Hauptfiguren doch immer auch ein Bild seiner selbst, Kämpfer gegen die Widerstände, von unbändiger Neugier getrieben und bereit, sich auf das Fremde einzulassen, in der sicheren Hoffnung, davon bereichert zu werden.
Was aber geradezu verblüfft: wie konventionell Herzog die Geschichte um seine Hauptdarstellerin Nicole Kidman erzählt, die in jeder einzelnen Filmszene (außer der Anfangssequenz) auftritt. „Queen Of The Desert“ beginnt als Emanzipations- und Liebesgeschichte und entwickelt sich zu einem Wüstenepos, dem es allerdings an dramaturgischer Stringenz fehlt (Bell zieht in die Wüste, trinkt Tee mit Beduinen, kehrt zurück in die Zivilisation, bricht wieder in die Wüste auf, trinkt erneut Tee und so weiter und so fort…), aber überraschenderweise auch erstaunlich wenige jener bizarren „Herzog-Momente“ bietet, die den Regiegroßmeister zu dieser unverwechselbaren Stimme des Weltkinos werden ließ. Es ist mit Kenntnis von Herzogs Werk fast verwirrend, wie klassisch er „Queen Of The Desert“ inszeniert – wie ein Früh-60er-Epos, beinah schon rührend in seiner Naivität und Eins-zu-Eins-Haftigkeit.
So wunderbar die Bilder von Sandstürmen und Wüstenexpeditionen sind, so sehr leidet „Queen Of The Desert“ darunter, dass Nicole Kidmans Gertrude Bell nicht annähernd so faszinierend schillernd wie Peter O’Tooles Lawrence Of Arabia ist. So bleibt ein selbstredend kompetenter, erstaunlich mainstreamiger Film, der durchaus gut unterhält, aber in seiner Zahmheit fast schon gegen die Herzog’sche Natur wirkt.
3. Der beste Moment:
Wenn James Franco seine Angebetete Nicole Kidman auf einen Ausritt mitnimmt, um endlich den ersten Kuss zu vollziehen und die beiden sich dafür auf einen Turm begeben, auf dem Skelette liegen und Geier hausen. Das dürfte die bizarrste Vollendung einer romantischen Annäherung in der Geschichte des Hollywood’schen Abenteuerfilms sein – und eben einer jener typischen „Herzog-Momente“, von denen „Queen Of The Desert“ gerne mehr haben dürfte.
4. Diese Menschen mögen diesen Film:
Eigentlich eher die Freunde des klassischen Abenteuerfilms der 60er Jahre als Arthouse-Fans von Werner Herzog.
* Regie: Werner Herzog
* imdb
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