70 Jahre Rainer Werner Fassbinder. Ich habe zwar zu seinen Filmen selten den gleichen, direkten Zugang wie beispielsweise zu Werner Herzogs Werken gefunden, aber die Person Fassbinder, die Attitude und dieses Brennen, dieses Alleswollen und die heute noch verstörende Rücksichtslosigkeit gegen alles um ihn herum (und sich selbst), ist immer noch atemberaubend. Wenn man nur den späten Fassbinder mit seinen fettigen Haaren und totaler Kaputtheit im Kopf hat, tut es not, sich den jungen Fassbinder ins Gedächtnis zu rufen – wie er in der Eröffnungssequenz von Schlöndorffs Brecht-Verfilmung „Baal“ in den Morgenstunden durch ein Feld läuft und ihm die Welt gehört. Allein in diesen 2.30 Minuten sieht man schon, mit welcher Naturgewalt Fassbinder über den deutschen Film kommen wird.
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Während er Döblins „Berlin Alexanderplatz“ verfilmt, rechnet Fassbinder die Gesamtdauer seiner bisherigen Filme zusammen: 4455 Minuten, fast 76 Stunden Spielzeit. Als 35jähriger. In 11 Jahren. Und jede Minute davon gedreht als wäre es seine letzte: „Das Wichtigste ist, scheint mir, Unbehagen an den Einrichtungen des Bürgertums zu schaffen“.
Das Bayrische Fernsehen strahlt heute abend um 22.10 Uhr übrigens „Baal“ aus.
40 Jahre lang war „Baal“ nicht zu sehen, weil die Brecht-Erben seine Aufführung untersagten.