Nach „Der Staat gegen Fritz Bauer“ wendet sich Regisseur Lars Kraume ein weiteres Mal der deutschen Nachkriegsgeschichte zu – diesmal aber mit Blick auf den anderen deutschen Staat. In „Das schweigende Klassenzimmer“ gerät eine Abiturklasse wegen einer Schweigeminute für die Gefallenen beim Ungarischen Volksaufstand 1959 in das Kreuzfeuer des DDR-Regimes. Abweichungen von der staatlich vorgegebenen Informationslinie sind nicht vorgesehen und selbst zwei Minuten Nichtssagen wird schon als subversiver, konterrevolutionärer Akt erster Güte bewertet und soll zum Ausschluss vom Abitur landesweit führen.
Kraume gelingt es gut, die Konfliktlinien innerhalb einer Gesellschaft, zwischen den Generationen und auch in den Familien zu zeichnen, die zwei Diktaturen in Folge erleben muss. Die Widersprüche zwischen dem Ideal der neuen Ordnung und der Angst des Regimes, die Kontinuitäten der Unterdrückung und die Verlorenheit des Individuums in diesem Leben.
Doch im Gegensatz zu „Der Staat gegen Fritz Bauer“ ist „Das schweigende Klassenzimmer“ mit grobem Pinsel gemalt, wird der Zuschauer zur Emotion in der folgenden Eskalationsspirale beinah gezwungen – selbst für einen „Ich bin Spartakus!“ Moment ist sich Kraume hier nicht zu schade.
Das ist durchaus wirkungsvoll und wuchtig, aber subtil buchstabiert man anders.