Bret Easton Ellis Serienkillerroman „American Psycho“ galt immer als unverfilmbar: zu heftig, zu krass, zu extrem sind Ellis‘ Beschreibungen der Morde als dass eine Film-Version vorstellbar schien. Als Mary Hannon 2000 das Buch doch verfilmte, überspitzte sie die (im Buch bereits subtil angelegte) Satire und regelte die Gewaltexzesse auf eine erträgliche Ebene herunter.
Vor einem ähnlichen Problem stand auch Fatih Akin bei der Verfilmung von Heinz Strunks Roman „Der goldene Handschuh“, in dem Strunk die reale Geschichte des Mörders Fritz Honka nacherzählte. Schwieriger noch für Akin: während der erfundene Yuppie-Broker Patrick Bateman als Allegorie auf den Raubtier-Kapitalismus der Reagen-Jahre diente, ist Fritz Honka ein hässlicher Verlierer, der Bodensatz der Gesellschaft. Eine Satire wäre demnach für Akin keine Lösung, denn im Gegensatz zum Angriff nach oben, den „American Psycho“ zeichnet, wäre es ein nachuntentretendes Lachen, ein Verhöhnen der Verlorenen, die um Fritz Honka herum ihr trauriges Leben im „Goldenen Handschuh“ betäuben.
So läuft die Verfilmung des schon schwer erträglichen Buches in eine Sackgasse der Hässlichkeit und findet keinen Weg hinaus. Natürlich ist es bemerkenswert, wie auf den Punkt Akin den „Goldenen Handschuh“ oder die verratzte Dachbodenbude Honkas einfängt, wie entschieden er vermeidet, Honka auch nur in irgendeiner Art zu glorifizieren oder zu überhöhen (ein altes Problem aller Serienkillerfilme, das selbst die Genre-Meisterwerke „Sieben“ oder „Das Schweigen der Lämmer“ nicht lösen konnten) und mit welcher Bereitschaft sich Jonas Dassler in der Hauptrolle in eine Ekel-Performance wirft.
Aber all die technische Perfektion, all der Aufwand – wofür? Was kann uns „Der goldene Handschuh“ erzählen, wofür wir diese 100 Minuten Hässlichkeit und Abscheu durchleiden wollen? Nimmt man beispielsweise den aus meiner Sicht zu Unrecht geschmähten und vor allem vorverurteilten Serienkillerfilm „The House That Jack Built“ von Lars von Trier zum Vergleich, dann wird das Problem der „Goldenen Handschuh“-Verfilmung noch deutlicher: in der Härte und vor allem im Ekelfaktor steht Akin von Trier kaum nach, aber „The House That Jack Built“ hatte einen Kontext, stellte sich selbst zur Diskussion, fragte nach dem Warum des Ganzen und den Folgen für Künstler und Zuschauer.
„Der goldene Handschuh“ dagegen fragt nichts, sondern zeigt nur.
Das ist nicht unbedingt ein Problem, das durch Akin entsteht, denn alles, was man dem „Goldenen Handschuh“ vorwerfen kann, liegt schon in Strunks Buch begründet. Aber eine weitere Fiktionalisierungsebene mit all den Problemen, die eine Visualisierung von Gräueltaten zusätzlich einbringen, schubst den Stoff des Strunk’schen Doku-Romans endgültig in den Bereich des praktisch Unerträglichen.
So sehr ich Fatih Akin schätze und beispielsweise „Gegen die Wand“ für den besten deutschen Film der letzten zwanzig Jahre halte, bin ich doch etwas ratlos, was mir „Der goldene Handschuh“ geben soll. Für einen Thriller zu unspannend, für eine Satire ungeeignet und für ein Midnight Movie zu real. Was bleibt?
[…] Triers „The House That Jack Built“, Fatih Akins „Der goldene Handschuh“ (ausführlich dazu hier) und Joe Berlingers „Extremely Wicked…“ drei völlig unterschiedliche […]