„Mit Annegret Kramp-Karrenbauer ist dieser Funktionärstypus nun tatsächlich Kronprinzessin geworden. Die tuschelnde Sekretärin mit der öden Strubbelfrisur, die sich verbissen jede zu spät gekommene Minute des Kollegen notiert; der Duckmäuser in der Outdoor-Jacke, dessen Exzess das Feierabendbier und dessen Lebenstraum der Urlaub an einem möglichst ausländerfreien Strand ist – diese Art Mensch ist jetzt nachgerückt ins Herz der Macht, soll bestimmen, wie wir leben, was wir wissen, was wir hoffen dürfen. (…) im Habitus der Kramp-Karrenbauer erkennen sich Hunderttausende wieder, fühlen sich wohl und verstanden – die kleinen Sadisten des Alltags, die stets die Mehrheit und das Gewöhnliche im Rücken haben und deren Lust die Bestrafung von Abweichlern ist, sie sehen in dieses stets patzige, stets empörungswillige Bulldoggenantlitz wie in einen Spiegel; sie sehen die um exakt zehn Jahre veraltete Kleidung (die aber nie genuin unmodisch sein darf) und blicken damit in die eigene Garderobe; sie hören das stumpfe Gelaber wie ein helleres Echo ihrer Stammtischweisheit; sie sehen vor allem ihre eigene Kleinlichkeit und renitente Borniertheit, gewürdigt und in höchste Staatsämter getragen. (…)
Nein, da ist nichts, einfach gar nichts; kein Geist ist da. Jens Spahn traut man immerhin noch zu, Gefühle, Leidenschaften oder Träume zu haben; er hat die Hipster-Cafés immerhin schon besucht, die er dann öffentlichkeitswirksam abkanzelt. (…)
An AKK ist nichts weich, zart oder ungeformt; niemals würde man ihr abkaufen, wie Merkel eine »Gewissensentscheidung« zu treffen oder nach »Bauchgefühl« zu handeln. Merkel will Macht immerhin zu etwas, AKK hingegen will nichts anderes sein als Ausführungsbeamtin des gesellschaftlich Gebotenen. Man kauft ihr nicht einmal ihre Religiosität ab. Ihre Religion ist stolze Rückständigkeit, leidenschaftlich gelebte Beschränktheit und die stete Orientierung am kleinbürgerlichen Ressentiment.(…)
Bis auf ein halbes Jahr als Nachrückerin im Bundestag hat sie ihre gesamte Karriere im Saarland verbracht, seit ihrer Geburt lebt sie in Püttlingen, einem 18.000-Seelen-Schandfleck, nach Auskunft des »Handelsblatts« sogar in einer »verkehrsberuhigten Zone«. Im normalen Leben lässt man sich von so jemandem nicht einmal den Weg zur Tankstelle schildern, aus Angst, das Gegenüber mit Vorstellungen von der weitläufigen Außenwelt zu überfordern; in der deutschen Politik gilt solche Ahnungslosigkeit, solch trauriger Weltverlust immer noch als Volksnähe und Bodenständigkeit.“
(Leo Fischer im Neuen Deutschland)
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