Fontaines D.C. – I Was Not Born
Eine der spannendsten Bands der jüngeren Vergangenheit ist die Dubliner Post-Punk-Gruppe Fontaines D.C., deren Debütalbum letztes Jahr so randvoll mit Hits war, dass es mein Album des Jahres wurde.
Überraschend schnell schieben die Iren das zweite Album nach und ebenso verblüffend ist, wie schnell die Jungs erwachsen geworden sind. „A Hero’s Death“ spielt mit seinen The-Strokes-Last-Nite-Gitarren-und-Drums-Set-Up noch am nähesten am Debüt. Die Songs auf dem neuen Album sind aber differenzierter produziert und für jeden lauter Kracher ist ein leiser Hinhörer auf der Platte.
Bevorzuge allerdings immer noch die Brecher wie „I Was Not Born“.
Girl Friday- Amber’s Knees
Die Band aus Los Angeles veröffentlicht mit „Androgynous Mary“ eines der stärksten Gitarrenalben des Jahres, mit durchgehend überdurchschnittlichen Tracks: „That’s Not The Indie Rock I Signed Up For“ ist ein tolles Eröffnungststatement, von dem aus die Band nur noch nach vorne marschiert.
Durchaus stärker beeinflusst vom 90s-Indierock („we all love Hole“, sagt die Band so schön) findet sich auch noisiger Post-Punk auf ihrem Debütalbum wieder. Neben aggressiven Songs wie „Earthquake“, „Amber’s Knees“ und „Public Bodies“ möchte ich auch noch den hymnisch-ruhigen Schlußtrack „I Hope Jason Is Happy“ hervorheben:
No Age – Feeler
Das neueste Album von No Age, die man in der Zwischenzeit als Veteranen der Noise/Punk-Szene um den Smell Club in Los Angeles betrachten darf, erinnert wieder an die auf dem Debütalbum „Weirdo Rippers“ versammelten Songs der ersten EPs und vereint also mehr Griffigkeit und Garage mit den manchmal doch recht sphärischen Songstrukturen der letzten Jahre. Gefällt mir besser als die beiden letzten No Age – Alben!
pogendroblem – CDU
Aus der Bergisch Gladbacher Provinz schreien die Punks von Pogendroplem (hübscher Schüttelreim!) gegen die Welt an. Als Minialbum veröffentlichen sie nun sozusagen zwei EPs in einem: auf der Vorderseite finden sich neue Stücke, von denen sicher „Foucault im Großraumbüro“ herausragt, der mich an schöne Cockbirds-Zeiten erinnert. Die b-Seite ist eine Vinyl-Erst-Veröffentlichung der alten EP „raus“ von 2017, die damals nur die Punkhipster mit Kassettendeck im Ghettoblaster zu hören bekamen. Das soll uns aber nicht stören, ist „raus“ doch randvoll mit Hits. Mein Favorit ist „CDU“: wer die Pisse-Großtaten „BRDDR“ geliebt hat (wer bitte nicht?), sollte auch diesen Anti-Christliche-Union-Song geil finden. Ebenfalls stark: „Kotzen“ und „Schales Bier“, die textlich und zumindest im Fall von „Schales Bier“ auch musikalisch im Oidorno-Gebiet wildern.
Schöner dreckiger Spaß.
F.E.I.D.L. – 5 Finger Rabatt
Das österreichische Label Numavi Records hat erst kürzlich mit der sehr guten Debüt-EP „Etat“ von Musheen aufhorchen lassen und macht nun mit F.E.I.D.L. einfach da weiter. Kompromissloser Punk in österreichischem Idiom, bei dem mir vor allem die Diebstahl-Hymne „5 Finger Rabatt“ mit dem Motto „das Geklaute schmeckt halt doch am besten“ ganz hervorragend gefällt.
Remo Drive – Ode To Joy 2
Nicht unbedingt erwartet hätte ich Remo Drives „Ode To Joy“ von einem Label wie Epitpah, das ja bekanntermaßen von Bad-Religion-Gitarrist Brett Gurewitz gegründet wurde und – vor allem in den 90ern – die Instanz für Skatepunk war.
Remo Drive dagegen spielen (im Gegensatz zu früher) M.O.R.-Stadion-Rock, der hymnischer und süß-melancholischer ist als es selbst Emo je war.
Verklagt mich, aber das ist bester Kitsch.
Farce – Kiss Me
„Heavy Listening“, das Debütalbum von Farce war eine meiner meistgehörten Platten in 2018 mit seinem smarten Uffie-Update in Songs wie „I Hate Berlin“. Die neue EP „Trauma Bounce“ der Österreicherin Veronika König klingt runder und, ja, bounciger – auf Songs wie „Kiss Me“ geradewegs nach Pop, wechselt aber wunderbarerweise nach gut zwei Dritteln des Songs in den Club um gemeinsam mit Robyns „Dancing On My Own“ aufgelegt werden zu können.
JARV IS – Must I Evolve
Die Rückkehr des Jarvis Cocker ist ein ziemlich freudiges Ereignis. Prinzipiell sowieso ja immer, aber auch eben auf Platte. Beinah Lo-Fi klingt das neue, offiziell unter dem Namen JARV IS veröffentlichte Album, seine erste wirklich neue Solo-Platte seit 2009.
Musikalisch mag Jarvis ein wenig klingen wie der alte Onkel, der ProTools entdeckt hat, aber gerade diese Unterproduktion passt zu Cockers mehr gesprochenen als gesungenen Texten, stellt eine angenehme Abkehr von den immer etwas zu glatten früheren Solowerken dar und erinnert mehr an B-Seiten wie das apokalyptische „Loss Adjuster„. Besonders gut gelungen ist die erste Hälfte des Albums, insbesondere die weiblichen backing vocals, die Onkel Jarvis‘ Grummeleien in Songs wie „Must I Evolve?“ („Must I evolve? / YES YES YES YES“) und „Save The Whale“ („Me and you, we’ve gone and founded a new Civilization / CONGRATULATIONS“) wie ein griechischer Chor kommentieren.