vonChristian Ihle 28.01.2022

Monarchie & Alltag

Neue Bands und wichtige Filme: „As long as the music’s loud enough, we won’t hear the world falling apart“.

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Frau im Dunkeln, Regie: Maggie Gyllenhaal (Netflix)

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Maggie Gyllenhaals Debütspielfilm nach einem alten Roman von Elena Ferrante ist ein durchaus schwer verdaulicher Brocken, nimmt er sich doch eines selten thematisierten und unbequemen Themas an: der Frage, wie eine Frau damit umgeht, nicht zur Mutter “geboren” zu sein, sondern genervt von ihren jungen Kids sein darf und sich gar von der Familie für einige Jahre absetzen will. Man kann sich also vorstellen, dass die von Olivia Colman gespielte Figur nicht der allergrößte Sympathieträger ist, was aber dahingehend nicht weiter auffällt, weil einfach alle Charaktere in “The Lost Daughter” große Arschlöcher sind.

Dass Gyllenhaals Film dennoch einnimmt, liegt vor allem an Olivia Colman, die hier noch einmal unterstreicht, dass sie eine der besten Schauspielerinnen ihrer Generation ist. Sie bringt eine rauhe Echtheit in ihre Figuren ein, die man selten sieht. Klarer Oscar-Kandidat.

In den vielen Rückblenden wird die Hauptfigur von Jessie Buckley gespielt, doch habe ich diese beiden Versionen des gleichen Charakters nie zusammenbringen können. Die junge Leda wirkt im Gegensatz zur von Colman gespielten Leda wie eine literarische Figur und ich bekomme weder in Aussehen noch in Handlung eine Conncetion zwischen Buckleys und Colmans Interpretation hin. Das Ende ist auch etwas zu versöhnlich oder zu inkonsequent, was aber auch an der mir nicht bekannten Vorlage von Ferrante liegen kann.

Dennoch ein starker Film, dessen passiv-aggressive Grundstimmung gut eine Atmosphäre der Lebenslügen und des Bereuens von Entscheidungen einfängt und mich an das frühe Werk von Joanna Hogg (“Unrelated”) erinnert.

Photocopier, Regie: Wregas Bhanuteja (Netflix)

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Indonesischer Netflix-Film, in dem eine junge Frau nach und nach entdeckt, dass in der Partynacht ihrer Theatergruppe mehr passiert ist, als sie erinnern kann.

In beinah sturer (und schön selbstbestimmter) Art geht die Hauptfigur Sur auf die Suche und rekonstruiert mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln (Handyfotos, Instastories, Emails), was in dieser Nacht wirklich geschehen ist.

“Photocopier” zeugt hier vor allem von einem tiefen Verständnis der modernen Welt. Die Handhabung der Technik und Gadgets ist so natürlich wie ich das selten in einem Film gesehen habe (bis hin zur realistisch gelösten Frage, wie man eine Zwei-Faktor-Authentifizierung bei Gmail überlisten könnte!), auch wenn eine Laufzeit von 130 Minuten dann sicher eine Viertelstunde mehr als unbedingt nötig ist.

Der Film endet auf einer stolzen Note der Selbstbestimmung gegen patriarchalische Strukturen, gegen die Macht des Geldes und der Männer.
Noch verstörender ist deshalb, dass der Drehbuchautor dieses Films selbst Gegenstand von Belästigungsanschuldigungen ist und nun von den Credits entfernt wurde.

Antlers, Regie: Scott Cooper (Disney+)

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Bin ja ein großer Fan von Scott Coopers Hinterwäldler-Drama “Out Of The Furnace”, aber in seinem ersten Horrorfilm “Antlers” weiß er trotz ähnlichem Setting – Backwoods, Drogen, kaputte Familien – nie recht, wo er hin will.

Ein Creature-Film, der gleichzeitig auch ein Drama um Kindesmisshandlung sein will und ein Kommentar zur Opioid-Krise und ein Eco-Thriller, sich dabei aber erstens überhebt und zweitens zu ernst nimmt. Enttäuschend, handwerklich in Design und Bildern allerdings gut gemacht.

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