Nach aktueller Zählung mein 23. Doherty-Konzert in verschiedenen Ausprägungen – und davon sicher eines der kohärentesten. Käse sorgt für deutlich pünktlicheren Konzertbeginn als Heroin, scheint mir!
Sogar vor der offiziellen Stagetime beginnt Pete mit zwei Songs außer der Reihe und startet das Konzert pünktlich um 20.45 Uhr mit der Performance des neuesten, gemeinsam mit dem französischen Musiker Frédéric Lo aufgenommenen Albums „The Fantasy Life Of Poetry & Crime“. Gleich geblieben ist aber bei Doherty-Konzerten, dass sich die Liveversionen von ihren aufgenommenen Geschwistern unterscheiden, im Guten wie im Schlechten. Ähnlich wie bereits beim letzten Doherty-Album mit der „Puta Madres“-Band verlieren die live gespielten Lieder einiges an Differenziertheit und den auf Platte zu spürenden anderen Einflüssen: bei Puta Madres werden vor allem die Irish-Folk-Elemente von einem Keyboard-Sound zugekleistert, beim Frédéric Lo – Projekt geht leider die schwärmerische Instrumentierung verloren, die das neue Album – neben den üblichen Doherty-Elementen – in Nähe von Chanson und Soundtrack rückt.
Andererseits gewinnen manche Lieder auf der Bühne und zwar im Besonderen die ruhigsten Momente des neuen Albums: „Abe Wassenstein“, seine Ode an den verstorbenen Freund Alan Wass (dessen Song „Hired Gun“ Doherty früher auch oft live gecovert hat), ist noch zärtlicher, und der wohl aus Pandemie-Lockdown-Frustration geborene „Far From The Maddening Crowd“ („They closed down all the bars / Clubs and theatres / Where am I supposed to sing my song / Where the only place that I belong / Is amongst the madding throng“) mit einfacher Klavier-Begleitung ein passender Schlußpunkt des regulären Sets.
In der Zugabe spielt Doherty entgegen den angesichts der Konzertausrichtung unpassenden Rufen nach „Fuck Foever“ lieber Balladen aus der Vergangenheit von „You Are My Waterloo“ (The Libertines) bis zu seinem Velvet Undergorund / Oasis – Mash Up „Someone Else To Be“, bevor nach 80 Minuten ein gut gespieltes, professionelles Konzert sein Ende findet.
(Berlin, Metropol, 7.5.2022)